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Linda Rennings - sind wohnungslose Menschen Sozialschmarotzer?

Shownotes

Die Initiative HiK von Linda Rennings findet ihr hier, lasst unbedingt eine Spende da:Hier entlang Das Buch von Linda Rennings "Weiblich und Wohnungslos" findet ihr hier: https://www.rowohlt.de/buch/linda-rennings-rebellin-der-strasse-9783499014789

Linda wächst in einem sogenannten sozial schwachen Viertel auf. Gemeinsam mit ihrer Oma verbringt sie ihre Kindheit und Jugend in Armut. Immer wieder erfährt sie Gewalt durch ihre Mutter, die unangekündigt auftaucht und Linda mitnimmt. Auch später erfährt sie Gewalt - gleich zwei Mal wird sie in ihrer Ehe finanziell, körperlich und psychisch missbraucht. Ihr zweiter Ehemann nimmt sie so weit aus, dass sie am Ende nichts mehr hat. Nach einer Zwangsräumung landet Linda deshalb auf der Straße, wird entmündigt und für immer erwerbsunfähig geschrieben, sodass sie nie wieder auf dem ersten Arbeitsmarkt arbeiten kann. Wie ist es, auf der Straße, in Notunterkünften oder psychiatrischen Wohngemeinschaften zu leben? Womit werden besonders Frauen auf der Straße konfrontiert? Hat Linda es von der Straße geschafft? Und - gibt es eigentlich auch gute Seiten an der Obdachlosigkeit?

Das und noch viel mehr diskutieren Magdalena & Marlies in der neuen Folge! Viel Spaß beim Hören!

Wenn ihr Interesse an einer Kooperation mit uns habt, meldet euch bei papasganzerstolz@lionflence.com Bei Fragen & Anregungen oder Folgenwünschen meldet euch hier: kontakt@papasganzerstolz.de

Hosts: Magdalena Emilia (Recherche) https://www.instagram.com/magdalenaeml/ & Marlies Johanna https://www.instagram.com/marliesjohanna/
Produktion: Martin Heckner https://www.instagram.com/johannes.martin_/
Musik und Sound: Finn Kleffmann https://www.instagram.com/kleffmann_creative_co/

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Transkript anzeigen

00:00:00: Hallo, Marlies. - Hallo, Magdalena.

00:00:03: Wie geht's dir heute?

00:00:05: Äh, gut. Und dir?

00:00:08: Ja, soweit auch gut, muss ich sagen.

00:00:10: Mehr hab ich gar nicht dazu zu sagen.

00:00:14: Ich hab gerade überlegt, erzähle ich noch irgendwas.

00:00:17: Aber mein Tag ist heute so ereignislos gewesen,

00:00:19: dass ich irgendwie nicht so viel erzählen kann.

00:00:22: Ich hab aber wie immer eine Frage mitgebracht.

00:00:24: Wollen wir auch die Leute begrüßen? - Ach so, ja, stimmt.

00:00:27: Hallo, liebe Puffy.

00:00:29: Wir freuen uns, dass ihr heute da seid.

00:00:31: Ja, auf jeden Fall.

00:00:33: Und wie immer ist das ein ernstes Thema.

00:00:36: Ich finde, heute haben wir gut eingeleitet.

00:00:38: Wir waren nicht so aufgetreten.

00:00:40: Und ich würde jetzt auch schon direkt die erste Frage stellen.

00:00:43: Und zwar, was meinst du?

00:00:45: Wie sieht eine typische obdachlose Person aus?

00:00:48: Eine typische obdachlose Person ...

00:00:50: Naja, ich würde sagen, schmutzige Kleidung.

00:00:55: Also viele Schichten quasi.

00:00:59: Vilsige Haare.

00:01:01: Das ist so der Stereotyp, oder?

00:01:05: Ja, ich fand es irgendwie ganz interessant.

00:01:07: Weil wenn ich jetzt so die Straße runterlaufe

00:01:10: und dann sehe ich Personen, die ich als obdachlose Person erkenne,

00:01:13: dann sehen die ja schon oft genauso aus.

00:01:15: Also eher so dreckigere Kleidung.

00:01:17: Manchmal stinken sie vielleicht auch.

00:01:19: So ein bisschen verlottert, würde man wahrscheinlich sagen.

00:01:22: Ja.

00:01:24: Und das ist auf jeden Fall was, was ich über die Recherche gelernt habe.

00:01:27: Also dass wir normalos Personen, die nie auf der Straße gelebt haben,

00:01:31: die allermeisten obdachlosen Personen gar nicht erkennen.

00:01:35: Weil es eben bei den allermeisten, vor allem auch bei Frauen,

00:01:38: so ist, dass sie eben sehr dort auf Hygiene achten,

00:01:41: dass sie sehr doll gucken, wie sie aussehen, was sie tragen,

00:01:44: dass sie eben nicht direkt als obdachlose Person erkannt werden.

00:01:47: Und das eigentlich nur, ich sag jetzt mal, geschulte Personen.

00:01:50: Also entweder Personen, die obdachlose Personen ausnutzen wollen,

00:01:53: oder Leute, die halt eben selbst schon auf der Straße gelebt haben,

00:01:56: die dann Leute erkennen können, die auch obdachlos sind.

00:01:59: Und woran dann?

00:02:01: Zum Beispiel, weil eine Person auffällig lange einfach rumsitzt

00:02:04: auf einer Bank und einfach nichts tut.

00:02:07: Oder weil sie zum Beispiel abends dann so durch die Straßen streibt

00:02:13: und man erkennt dann irgendwie, dass die auf einer Suche nach einem Strafflassen zogen.

00:02:18: Aber wie ist das?

00:02:20: Also wie halten Sie dann die Körperhygiene ein und so und die Kleidung?

00:02:23: Also wie funktioniert das?

00:02:25: Ich werde auf jeden Fall nachher noch mal genauer drauf eingehen,

00:02:28: weil heute geht es nämlich um Obdachlosigkeit.

00:02:31: Wir hätte das nur gedacht.

00:02:33: Aber an sich gibt es natürlich öffentliche Bäder, zum Beispiel in Schwimmbädern.

00:02:37: Also das ist so, dass die meistens morgens aufstehen und direkt betteln

00:02:41: und dann vielleicht genug Geld quasi zusammenkriegen,

00:02:45: um irgendwo baden zu gehen.

00:02:47: Es gibt auch Restaurants, die sind dann so bekannt dafür,

00:02:50: dass man da zum Beispiel mal ins Bad darf und so.

00:02:54: Oder Cafés und so weiter und so fort.

00:02:56: Da gibt es schon wie so ein Netzwerk.

00:02:58: Es gibt auch Notunterkünfte, da kann man auch duschen oder baden.

00:03:01: Aber nicht mal da sind die Duschen kostenlos.

00:03:04: Auch da muss man zahlen in vielen Notunterkünften.

00:03:07: Ich habe das auch gelesen, was steht da gerade?

00:03:10: Also ganz krass irgendwie.

00:03:12: Und natürlich gibt es auch Spenden teilweise.

00:03:16: Ich weiß es gar nicht.

00:03:18: Ich glaube, an der Tafel kriegt man zum Beispiel auch nicht nur Essen,

00:03:21: sondern teilweise dann auch Hygienartikel.

00:03:24: Wir bringen einem ja nichts, wenn man keinen Zugang zu Wasser hat.

00:03:27: Das wird dann auch oft durch Schwimmbäder,

00:03:29: zum Beispiel oder öffentliche Bäder dann.

00:03:31: Das finde ich krass, weil das fällt einem ja auch wirklich gar nicht auf,

00:03:34: wenn man schwimmen geht, dass da obdachlose Personen duschen.

00:03:37: Und das werden die regelmäßig machen müssen.

00:03:40: Ja, ja, eben.

00:03:42: Ich fand es auch faszinierend, weil ich war dann auch so im Überlegen so,

00:03:46: ja, gerade in Großstädten fallen einem obdachlose Personen auf jeden Fall auf.

00:03:51: Aber es wird ja immer davon gesprochen, dass es zum Beispiel viel mehr Frauen gibt,

00:03:55: die obdachlos sind.

00:03:57: Ach, das wusste ich gar nicht. - Doch, doch.

00:03:59: Und ich habe mich immer gefragt, wo sind die aber alles?

00:04:02: Weil ich sehe eigentlich meist Männer.

00:04:05: Und das ist halt eben, weil auch obdachlose Frauen sich doll anpassen.

00:04:08: Also das Ding ist halt auch, dass es auf jeden Fall

00:04:11: ungefähr 50% wohnungslose Frauen gibt.

00:04:13: Teilweise sind die untergebrachten Männer,

00:04:16: also man schätzt auch die Anzahl von obdachlosen Personen nur,

00:04:20: sind mehr Männer als Frauen.

00:04:22: Aber man geht schon eher davon aus, dass es halt so 50/50 ist.

00:04:26: Aber ich würde sagen, man sieht auch so offensichtlich,

00:04:29: wo der wohnungslose oder obdachlose Personen sind, meistens Männer.

00:04:33: Habe ich zumindest das Gefühl. - Also so offensichtlich.

00:04:36: Meinst du, dass sich daran, dass Frauen quasi auch mehr Angst haben müssen

00:04:40: vor Gewalt, wenn sie obdachlos sind? - Ja.

00:04:43: Und dann wahrscheinlich schon, weil sie dann ja leicht Opfer sind,

00:04:46: weil sie ja auch schnell verschwinden?

00:04:48: Ja, und dann wird auch ... nee, irgendwann nicht.

00:04:51: Du bist wieder mit Rick. - Das war nur, weil du diesen Kommentar vorgelieht hast.

00:04:55: Letztens hat mir jemand gesagt, ich sei unbedingt für Marlis Checkerripper.

00:04:59: Aber ich hab mal bei Criminal Minds eine Folge gesehen,

00:05:02: wo Serienmörder immer die obdachlosen Personen umgebracht haben,

00:05:05: weil das niemanden auffällt, wenn die tot sind.

00:05:08: Das ist auch ganz oft so Prostituierte zum Beispiel,

00:05:11: die ja wahrscheinlich fein prostituierte Personen,

00:05:14: die ja auch oft von Freiern irgendwie angeworben werden,

00:05:17: gar nicht unter obdachlose Personen, weil sie eine Wohnung haben,

00:05:20: aber eigentlich sind sie obdachlos, weil sie kein eigenes Obdach haben.

00:05:24: Sondern in dem Moment, in dem sie sagen würden, ich bin raus,

00:05:27: hätten die halt nichts mehr. - Ja, stimmt.

00:05:29: Ja, deswegen ... ja.

00:05:31: Ich würde sagen, wir fangen jetzt langsam mal an.

00:05:34: Du wolltest auch was sagen?

00:05:37: Na ja, wegen Prostitution und so, dass das ja wahrscheinlich auch ...

00:05:41: dass die Frauen, die obdachlos sind, sich prostituieren

00:05:44: und dann halt von Freiern irgendwie angeworben werden oder so.

00:05:47: Das ist auch ... - Das ist auch so, gar nicht ...

00:05:50: Kann mir vorstellen, dass das vielleicht auch so rum sein kann.

00:05:53: Ja, bestimmt. Das weiß ich jetzt gar nicht.

00:05:55: Ich hab's jetzt natürlich durch die Recherche nur anders rumgelesen,

00:05:58: aber Safe ist auch anders, also in beide Richtungen.

00:06:01: Bevor wir mit der Story anfangen, eine kleine Trigger-Warnung,

00:06:04: ich erzähle gleich das Leben von einer Frau.

00:06:08: Sie hat in ihrem Leben sehr viel Gewalt erlebt.

00:06:11: Ich werde nicht nur darüber sprechen, wie es war, auf der Straße zu sein,

00:06:15: sondern auch darüber, was ihr davor alles zugestoßen ist.

00:06:18: Und zu diesem Lebensabschnitt gehört auch häusliche Gewalt.

00:06:21: Und wenn ihr euch nicht dafür bereit fühlt,

00:06:24: dann holt euch entweder Jürgen dazu oder hört diese Folge

00:06:29: dieses Mal nicht an.

00:06:31: Ich hab keine Wahl, so ...

00:06:34: Du kannst natürlich auch jederzeit rausgehen.

00:06:37: (Lachen)

00:06:39: Das ist "Papas ganzer Stolz".

00:06:41: Mit wahren Geschichten aus feministischer Perspektive.

00:06:46: (Lockere Musik)

00:06:48: Köln, Deutschland, 2006.

00:07:00: Linda steht in ihrer Wohnung. Ihr Mann ist weg.

00:07:04: Mehrere Jahre hatte er sie ausgenommen über ihr Geld,

00:07:08: ihren Körper, ihr Leben verfügt.

00:07:10: Schon kurz nach ihrer Hochzeit verprügelte er sie das erste Mal.

00:07:14: Damit hat er zumindest länger durchgehalten als ihr Ex-Mann,

00:07:17: der sie schon in der Hochzeitsnacht das erste Mal verprügelte.

00:07:20: Gewalt war Linda gewohnt.

00:07:22: Statt sich zu fragen, welche Ungerechtigkeit das war,

00:07:25: fragte sie sich, was sie falsch gemacht hatte,

00:07:28: ob sie vielleicht einfach nicht gut genug war.

00:07:30: Nun stand sie in ihrer Wohnung allein.

00:07:33: Er war gegangen, zurück zu seinen Eltern.

00:07:35: Nicht, weil er das so wollte oder weil sie Schluss gemacht hatte,

00:07:38: sondern weil jede Sekunde fremde Männer die Wohnung betreten

00:07:41: und alles mitnehmen würden, was sich darin befindet.

00:07:44: Zwangsräumung.

00:07:46: Es klingelte, doch Linda steht nur da, regungslos.

00:07:49: Niemand hatte ihr gesagt, was eigentlich passiert,

00:07:52: wenn eine Zwangsräumung bevorsteht.

00:07:54: Das war ja nichts, worauf normale Bürger irgendwie vorbereitet werden.

00:07:58: Also stand sie da, während es klingelte

00:08:00: und weiter klingelte,

00:08:02: so lange, bis sich die Beamten-Zutritt zu ihrer Wohnung verschafft hatten.

00:08:06: Zehn Minuten bekamen sie, um Dinge zu holen,

00:08:09: die ihr lieb geworden waren.

00:08:12: Niemand, der dort in ihrer Wohnung war

00:08:14: und ihren Besitz einpackte, sprach ihr Mut zu.

00:08:17: Niemand half ihr oder sagte ihr,

00:08:19: was sie die nächsten Tage oder Monate oder vielleicht Jahre gebrauchen könnte.

00:08:23: Die Menschen, die da ihre Wohnung betraten,

00:08:25: waren Feinde, Gegner, Gewalttäter,

00:08:27: verkleidet als normaler Mensch.

00:08:29: Verkleidet als normale Menschen.

00:08:31: Oder vielleicht redeten sie sich das auch nur ein,

00:08:34: dass sie normal waren.

00:08:36: Am Ende streift Linda sich eine Jacke über.

00:08:39: Ich hab dir ein Bild von Linda mitgebracht.

00:08:44: Und Leide ist bei dieser Zwangsräumung,

00:08:47: also die haben tatsächlich alles mitgenommen.

00:08:50: Und deswegen gibt es keine Bilder von Linda quasi bis sie,

00:08:54: ich meine, sie ist da 43 oder 46 Jahre alt.

00:08:59: Und es gibt quasi nur Bilder von ihr danach.

00:09:02: Das ist jetzt quasi ein Bild schon am Ende unserer Story.

00:09:05: Aber ich find's immer ganz schön,

00:09:07: einen Gesicht vor Augen zu haben.

00:09:09: Mit einem Hund, Mausich. - Ja, das ist auch ihr treuester Begleiter.

00:09:14: Sie sieht richtig süß aus, richtig freundlich.

00:09:18: Sie hat irgendwie, ich glaub,

00:09:20: sie hat so eine gleiche Hafe, aber weh ich ungefähr.

00:09:23: Sie trägt so eine karrierte Mütze, sie trägt einen Schal,

00:09:27: sie hat einen Hund, der sieht auch wie so ein Schäferhund.

00:09:31: Ich kenn mich nicht, was mir gar nicht aussieht.

00:09:34: Der heißt Kleid, der Hund.

00:09:36: Sie liebt den auch über alles, das ist ihr ein und alles.

00:09:39: Sie hat so eine Strickjacke an und ein Rucksack.

00:09:42: Ist sie zu dem Zeitpunkt obdachlos? - Nee, nicht mehr.

00:09:46: Sie ist schon so ähnlich gekleidet,

00:09:48: wie man sich das bei obdachlosen Frauen vorstellen kann.

00:09:51: Also auch ein bisschen layering.

00:09:53: Und wahrscheinlich bleibt das auch, wenn man erst mal so ...

00:09:57: Die Straße ist immer noch ihr Zuhause.

00:10:00: Und das ist so ganz paradoxes,

00:10:03: dass es gleichzeitig wirklich ganz, ganz schlimm war,

00:10:06: was sie da erlebt hat.

00:10:08: Und dass aber die Straße auch nach Freiheit riecht.

00:10:11: Ich kenn die Geschichte noch nicht,

00:10:14: aber ich kann das Konstrukt dahinter voll verstehen.

00:10:17: Sie meint auch, weil alle Verantwortung in den Weg fallen.

00:10:21: Und im Prinzip geht es jeden Tag nur darum,

00:10:24: existenzielle zu suchen. - Zu überleben.

00:10:27: Und natürlich ist es ...

00:10:29: Also, es geht darum, aber gleichzeitig ist es auch von Gewalt geprägt

00:10:33: und alle hassen dich.

00:10:35: Das ist das Problem daran.

00:10:37: Ich glaube, wenn das ... Entschuldigung, das hab ich dich unterbrochen.

00:10:42: Nee, hörst du gar nicht. - Ich glaube, wenn das gar nicht so ...

00:10:46: Wenn obdachlosigkeit nicht so stigmatisiert wäre,

00:10:49: sondern es nur darum geht,

00:10:51: dass man sich in den nächsten Tagen zu gucken, wie man überlebt,

00:10:55: und man sich gegenseitig helfen würde, dann wär's halt ...

00:10:58: Ganz anders. - Ja.

00:11:00: Ja, vorallem denke ich schon auch, safe.

00:11:02: Zu dem Zeitpunkt, wo wir jetzt sind,

00:11:04: wo sie quasi aus ihrer Wohnung rausgeschmissen wird,

00:11:07: hat Linda mehrere Monate ihre Miete nicht mehr bezahlt.

00:11:10: Und das liegt daran, dass ihr Mann sie komplett ausgenommen hat.

00:11:14: Sie hat auch als Einzige gearbeitet in der Beziehung

00:11:18: und er hat quasi alles eingesagt, inklusive Kindergeld.

00:11:21: Und dann ist sie meine Tochter.

00:11:23: Und jetzt danach ird sie jetzt durch die Straßen in Köln.

00:11:26: Was war's ihre Tochter dann?

00:11:28: Also, ich hab die Recherche basiert auch auf einem Buch,

00:11:31: das sie geschrieben hat.

00:11:33: Das heißt "Rebelle in der Straße, weiblich und wohnungslos",

00:11:36: eben von Linda Rennings.

00:11:38: Und sie spricht über ihre Tochter in den Abschnitten,

00:11:41: in denen die Tochter da ist.

00:11:43: Aber sie sagt jetzt nicht explizit, wann sie ihr weggenommen wurde.

00:11:47: Aber ich nehme mal an,

00:11:50: dass es nicht so ist, als die Zwangsrömung

00:11:52: auch die Tochter mitgenommen wurde.

00:11:54: Oder dass der Vater sie vielleicht mitgenommen hat.

00:11:57: Aber das glaube ich nicht.

00:11:59: Ja, es kommt darauf an, wie ich meine, ist jetzt zurück zu seinen Eltern.

00:12:03: Vielleicht haben die halt auch die Tochter haben wollen.

00:12:06: Das kann schon sein, das kann auf jeden Fall schon sein.

00:12:09: Er wahrscheinlich eher nicht.

00:12:11: Er hat schon wirklich auch Dreck am Stecken gehabt,

00:12:14: war in irgendwelchen Mafia-Strukturen und so verwickelt.

00:12:17: Nicht so der optimale Partner für sie, sagen wir es so.

00:12:21: Sie ird jetzt erst mal durch die Straßen in Köln.

00:12:24: Und später wissen wir auch,

00:12:27: dass sie zu dem Zeitpunkt eine Psychose hatte.

00:12:30: Ähnlich sind auch ihre Beschreibungen.

00:12:32: Sie sagt selber, sie weiß gar nicht, wie sie in den Wochen überlebt hat.

00:12:36: Wo sie geschlafen hat, wo sie aufs Klo gegangen ist.

00:12:39: Wo sie oder was sie gegessen hat, was sie getrunken hat und so weiter.

00:12:43: Sie erinnert sich dann nur noch daran, dass sie irgendwann mal

00:12:46: hat sie an ihre Oma gedacht und an den Friedhof, wo die Oma liegt.

00:12:50: Das war wie so ein Lichtblick für sie.

00:12:53: Da ist sie dann hingelaufen.

00:12:55: Und legt sich da dann auf dem Friedhof neben das Grab.

00:13:00: Beziehungsweise schon über 20 Jahre her.

00:13:03: Deswegen ist da gar nicht mehr das Grab von ihrer Oma,

00:13:06: sondern von einer anderen Person.

00:13:09: Aber da war das Grab, legt sich dann den Rasen und denkt,

00:13:12: sie liegt jetzt quasi wieder bei ihrer Oma im Wohnzimmer.

00:13:16: Am warmen Kachelofen und ist jetzt irgendwie geborgen.

00:13:20: Und fühlt sich auch wie so eine Prinzessin,

00:13:23: die jetzt von ihrer Oma umsorgt wird und so.

00:13:26: An der Stelle würde ich sagen, machen wir einen Zeitsprung

00:13:29: und fangen mal vorne an.

00:13:31: Ich habe dir jetzt ein Bild wieder mitgebracht.

00:13:34: Und zwar von der Straße, in der Linda aufgewachsen ist.

00:13:38: Ist so ein Dorf, würde ich jetzt mal sagen.

00:13:41: Ist tatsächlich nur eine Straße.

00:13:44: Ist eine Straße in der Nähe bei Leverkusen.

00:13:47: Ja, das steht da auch.

00:13:49: Für mich sieht es trotzdem aus wie ein Dorf.

00:13:53: Es ist nämlich alles grün.

00:13:55: Das sind mehrere Häuser, so richtig alte Häuser,

00:13:58: so wie man sich auch richtig alte Häuser vorstellt.

00:14:01: Irgendwie sieht das aus,

00:14:04: als ob die Bäume in den Häusern wachsen.

00:14:07: So viele Bäume stehen da.

00:14:09: Und dann ist daneben auch nur so ein großes Feld.

00:14:12: Aber gleichzeitig auch nicht behütet,

00:14:15: wenn man nicht reich ist.

00:14:17: Ja, ich finde, das ist auch eine sehr gute Beschreibung.

00:14:21: Sie lebt nämlich in der Mau-Mau-Siedlung.

00:14:24: Und die Mau-Mau-Siedlung, also die normalhose, würden sagen,

00:14:28: das ist einfach schon sehr abwertend gemeint.

00:14:31: Also es ist eigentlich nur so ein Synonym

00:14:34: für die asoziale Siedlung.

00:14:36: Das hat nämlich einen rassistischen Hintergrund der Name.

00:14:41: Das waren in den 50er-Jahren

00:14:43: wurden so die rebellischen schwarzen Menschen aus Kenia genannt,

00:14:47: die den englischen Colonisten starken Widerstand geleistet haben.

00:14:51: Und die werden jetzt quasi auch die ...

00:14:54: Daher kommt Mau-Mau, und die werden jetzt die Mau-Mau-Siedlung genannt,

00:14:58: weil die eben auch rebellisch sind,

00:15:00: weil die Polizei sich nicht in deren Siedlung reintraut,

00:15:04: weil sie eben als asozial gelten.

00:15:07: Die Polizei ist so ein seltsames Konstrukt, wenn man anfängt,

00:15:11: das zu hinterfragen. - Ich finde auch.

00:15:13: Und das Ding, das Linda erzählt ist dann so,

00:15:16: dann war sie so, ja, eigentlich find ich's ganz cool,

00:15:19: dass wir dann nach denen benannt wurden.

00:15:22: Weil gut, wenn die sich gegen die Colonisten gewährt haben,

00:15:25: sodass die Angst vor denen hatten, so, dann, well, find ich geil.

00:15:29: Und genau in der Siedlung kann man sich das so vorstellen,

00:15:32: dass die Polizei oder Amtspersonen, die trauen sich da nicht rein,

00:15:36: weil die Personen dort als zu unberechenbar gelten,

00:15:39: aber eigentlich haben die einfach nur untereinander

00:15:42: einen sehr starken Zusammenhalt und verrateneinander nicht.

00:15:45: Auch dann, wenn sie mal Scheiße bauen, würde man jetzt sagen.

00:15:48: Man hört auch immer wieder z.B. Schüsse aus einer Pistole,

00:15:51: und die Kinder wachsen damit so kleinen Alltagsmärchen auf.

00:15:55: Also man erzählt z.B. Papa ist auf Kuh,

00:15:58: oder mit dem Lkw im Ausland.

00:16:01: Und die wahre Geschichte ist halt dann Papa ist im Knast.

00:16:04: Also er ist halt einfach im Gefängnis.

00:16:06: Und Linda beschreibt auch ihr Schulleben.

00:16:09: Also sie sagt, dass die Kinder aus der Siedlung,

00:16:12: die sind immer alle gemeinsam zur Schule gegangen,

00:16:15: also quasi immer so in der Runde.

00:16:17: Und sie meinte, sie haben eine kollektive Stärke ausgestrahlt.

00:16:21: Und ihr Eindruck war auch,

00:16:23: dass sie mit den anderen Mitschülern sehr gut klargekommen ist.

00:16:26: Also dass sie respektiert wurden.

00:16:28: Anders war das bei den Lehrern. Sie selber sagt dazu.

00:16:32: Sie hat unsere Lehrer ein paar Probleme mit uns.

00:16:35: Aber wir hatten auch Probleme mit dem Leben, das wir stemmen mussten.

00:16:39: Also einfach so typisches Leben, würde ich sagen,

00:16:43: von Kindern, die in Armut aufwachsen.

00:16:46: Ja, ne, würde ich nicht sagen.

00:16:48: Also schon auch mit Vernachlässigung.

00:16:50: Nur weil man in Armut aufwächst,

00:16:52: heißt das ja nicht, dass die Eltern kriminell sind.

00:16:55: Ja, voll. Bei Linda ist es aber nicht so.

00:16:58: Aber der Vater ist nicht im Gefängnis?

00:17:00: Ja, das ist nur das, was man den Kindern so erzählt.

00:17:03: Aber ja, das stimmt. Also, manche Kinder schon.

00:17:06: Bei Linda ist es nicht so.

00:17:08: Bei Linda ist es nämlich so, sie wächst mit ihrer Oma auf.

00:17:11: Ihre Oma ist eine sehr fleißige Frau.

00:17:13: Also die hat mehrere Jobs, um sich und Linda auch um die Runden zu bringen.

00:17:17: Sie putzt zum Beispiel, sie macht Grabsteine,

00:17:20: pflanzt die, macht die schön.

00:17:22: Sie näht auch für die ganze Siedlung.

00:17:24: Und Linda liebt ihre Oma mehr als alles in der Welt.

00:17:28: Sie ist die Konstante, die sich durch ihre Kindheit zieht.

00:17:31: Anders als ihre Mutter,

00:17:33: die unregelmäßig bei ihrer Oma einmarschiert und Linda mitnehmen will.

00:17:37: Wenn Linda nicht zuerst wegrennt und in den Wald flüchtet,

00:17:40: also den Wald hast du ja auch gerade schon gesehen,

00:17:44: dann muss sie mit ihrer Mutter mitkommen.

00:17:47: Und dort landet sie dann immer woanders.

00:17:50: Also mal in der Wohnung, vom aktuellen Freund von der Mutter,

00:17:53: mal in Wohnwägen.

00:17:55: Und immer wird sie vernachlässigt oder verprügelt.

00:17:58: Auch von den Freunden ihrer Mutter, also je nachdem, wer da gerade ist,

00:18:02: von dem einer ihr sogar schon mal getroht hat, sie vom Balkon zu werfen.

00:18:06: Also er hat sie wirklich richtig gepackt und sie so über den Balkon gehalten.

00:18:10: Und sie ist dann quasi wieder geflohen und zurück zu ihrer Oma.

00:18:14: Linda ist jedes Mal froh, wenn sie wieder zurück bei ihrer Oma ist,

00:18:18: die sich eben um sie kümmert, obwohl sie ganz arm und eben auch alt war.

00:18:22: Wieso ist, wieso ist die Mutter so geworden?

00:18:26: Weiß man nicht, sie redet auch fast gar nicht mehr.

00:18:29: Ist doch voll komisch, oder?

00:18:31: Ja, man weiß es nicht, aber sie ist wohl auch abhängig,

00:18:34: so wie ich das verstanden habe und das verändert Menschen halt auch.

00:18:38: Ja, stimmt.

00:18:40: Sie beschreibt ihre Oma so, dass sie sich nie über irgendwas beschwert hat.

00:18:44: Sie weint wirklich, ihre Oma hat nie gejammert,

00:18:47: aber zum Beispiel auch nie geweint.

00:18:49: Und Linda sagt auch, dass sie ihr selber wahrscheinlich

00:18:52: nicht über die Oma verbrügelst hat.

00:18:54: Es gibt auch ganz klare Regeln bei denen zu Hause.

00:18:57: Wenn sie jugendlich ist, darf sie zum Beispiel nicht länger

00:19:00: bis 19 Uhr unterwegs sein.

00:19:03: Und einmal passiert ihr das.

00:19:05: Und dann wird ihr tatsächlich auch eine geklatscht.

00:19:08: Sie kriegt eine Auffalge für diesen Regelbruch.

00:19:11: Aber das passiert nur sehr selten.

00:19:13: Und die Regeln bei denen zu Hause, die sind sehr klar.

00:19:16: Das ist jetzt nicht so, dass irgendwie Linda willkürlich

00:19:19: über ihre Oma verbrügelt wird. - Genau.

00:19:21: Nicht so wie bei ihrer Mutter, sondern es gibt klare Regeln.

00:19:24: Wenn die nicht eingehalten werden, dann gibt es eine Schelle,

00:19:27: was nicht oft passiert.

00:19:29: Irgendwann fängt Linda eine Ausbildung an

00:19:31: und zieht quasi bei ihrer ... also nicht bei ihrer Oma,

00:19:35: sondern in der Wohnung, ich weiß gar nicht, ob drüber oder nebenan.

00:19:39: Und sie wird, aber sie ist weiterhin auch bei ihrer Oma,

00:19:42: bei ihr Ausbildungsgehalt nicht reicht.

00:19:44: Und irgendwann wird ihre Oma aber krank.

00:19:46: Und hat Krebs.

00:19:48: Und jetzt muss sie sich und ihre Oma kümmern.

00:19:50: Kann es aber kaum, weil sie wirklich kaum Geld hat.

00:19:53: Sie pflegt sie dann aber trotzdem und bekommt

00:19:55: auch von der Ausbildungsstätte Essen mit,

00:19:57: um sich um ihre Oma zu kümmern.

00:19:59: Also sie bekommt auf jeden Fall auch Unterstützung.

00:20:01: Und als ihre Oma dann stirbt,

00:20:03: bricht für Linda eben eine komplette Welt zusammen.

00:20:06: Also, weil die halt so eine riesige Konstante für sie war,

00:20:10: vielleicht auch die einzige Konstante, die sie hatte.

00:20:13: Und sie erzählt dann auch, dass die ...

00:20:15: Also die Oma ist kurz vor dem Geburtstag von Linda,

00:20:18: aber auch kurz vor dem eigenen Geburtstag.

00:20:20: Also die hatten so um den selben Dreht Geburtstag.

00:20:23: Und das war auch im November, Dezember.

00:20:26: Und da war dann auch immer Weihnachten und Nikolaus.

00:20:29: Und sie beschreibt dann auch, dass sie quasi einmal im Jahr

00:20:32: einen Feiertag gefeiert haben.

00:20:34: Und das war Nikolaus.

00:20:36: Und den haben sie dann eben stellvertretend für Weihnachten

00:20:39: und die Geburtstage gefeiert.

00:20:42: Und da, also das war ganz schön, wie sie das in dem Buch beschrieben hat,

00:20:46: die sie dann gefeiert haben.

00:20:48: Mit 18 lernt sie dann ihren ersten Freund kennen,

00:20:51: den sie dann auch heiratet.

00:20:53: Aber das ist nicht der Gewaltfreund, der ist einfach nur ...

00:20:56: Also, der verwöhnt Linda ganz doll.

00:20:58: Aber sie sagt auch, am Ende stirbt er auch an seiner Maßlosigkeit.

00:21:01: Also, sie beschreibt es so, dass er einfach nicht aufhören kann zu essen.

00:21:05: Also, es klingt einfach doll nach einer Essstörung,

00:21:08: dass er wohl immer auch die Teller von anderen immer leer gegessen hat,

00:21:11: weil er es einfach nicht ausgehalten hat, wenn da Essen rumlag.

00:21:14: Und dann wird er dann daran. - Krass.

00:21:16: Der wird dann einfach davon krank.

00:21:19: Also, der stirbt richtig früh, nachdem die sich kennengelernt haben,

00:21:22: schon ... - Ja, ja.

00:21:23: Also, die heiraten dann und dann stirbt er ein paar Jahre später.

00:21:26: Einfach ... - Krass.

00:21:28: Ich find's auch voll krass.

00:21:30: Also, vor allem, er hat sie ja gut behandelt.

00:21:33: Also, ich glaube auch, ihr Leben wär wahrscheinlich ganz anders verlaufen,

00:21:36: wären die einfach zusammengeblieben.

00:21:38: Ja, voll. Vor allem, wahrscheinlich war der ja auch ...

00:21:41: Also, der wird ja erst krank geworden sein.

00:21:43: Auch während der Beziehung. - Ja, denke ich auch.

00:21:46: Ja. - Also, sie hat jetzt nicht so mega viel

00:21:50: über diese Beziehung auch geredet.

00:21:52: Aber wie ich das verstanden hab, war's zumindest auch so,

00:21:55: dass die ... es gab diese Marmausiedlung.

00:21:57: Und hinter dem Wältchen waren dann schon so erste Wohnhäuser

00:22:00: von so reicheren Leuten aus kindlicher Sicht.

00:22:03: Aber eigentlich sind's immer noch fahren Armut mit hoffenden Leuten.

00:22:06: Nur die Eltern haben sich trotzdem für was Besseres gehalten

00:22:09: und waren auch nicht damit einverstanden.

00:22:11: Aber bei uns gibt's ja auch arme Leute, die halt kriminell sind,

00:22:14: arme Leute, die halt ...

00:22:16: Also, die so ... man tritt ja immer weiter nach unten.

00:22:19: Und deshalb wird ja auch auf Obdachlose getreten,

00:22:22: weil irgendwo also muss ja weiter runtertreten.

00:22:25: Und die obdachlosen Personen getreten

00:22:27: untereinander wahrscheinlich auch nach unten.

00:22:29: Nee, nee, die verprügeln sich dann gegenseitig,

00:22:31: weil die Konkurrenz so hoch ist. - Ja, genau.

00:22:33: Ist ja genau selber. - Ja, das ist richtig krass.

00:22:36: Aber ja, der ist dann recht schnell gestorben.

00:22:38: Also ... - Ja, krass.

00:22:40: Das ist ja auch so, ich glaube.

00:22:42: Ja, sie hat auch einfach viel Verlust in ihrem Leben gehabt.

00:22:45: Ja. - Von den wenigen Menschen,

00:22:47: die sie überhaupt in ihr Leben gelassen hat.

00:22:49: Ja.

00:22:52: Als Linda in ihren 20ern ist, geht sie eben feiern an Kanneval.

00:22:55: Und dort lernt sie jetzt einen anderen jungen Mann kennen.

00:22:58: Und die verbringen die Nacht miteinander.

00:23:00: Und Linda wird schwanger direkt.

00:23:02: Eine Abtreibung kommt für sie nicht in Frage.

00:23:05: Allgemein sagt sie auch,

00:23:07: für mindestens Frauenrechte waren für sie irgendwie nichts.

00:23:10: Also, nicht in dem Sinne von sie war dagegen,

00:23:12: sondern sie hat das einfach nicht gekannt.

00:23:14: Ja. - Und deswegen war für sie auch so ein Naturgesetz.

00:23:18: Wenn eine Frau schwanger wird, dann bekommt die auch ein Baby.

00:23:21: Und dafür musste aber eine Frau eben auch heiraten.

00:23:24: Und genau das tut sie jetzt auch.

00:23:26: Und sie beschreibt auch,

00:23:28: wie sie eben noch in der Hochzeitsnacht das erste Mal verprügelt wird.

00:23:31: War sie da noch schwanger? - Ähm ...

00:23:33: Boah, weiß ich nicht, aber ich ... - Wahrscheinlich.

00:23:35: ... kann's mir schon vorstellen, ja.

00:23:38: Das Zusammenleben mit ihrem Mann, also mit ihrem ersten Mann,

00:23:41: verläuft auch ganz ähnlich wie mit ihrem zweiten Mann.

00:23:44: Sie arbeitet, verdient Geld, kümmert sich um das Baby.

00:23:47: Und er sagt alles ein.

00:23:49: Manchmal findet er Gründe, um sie zu verprügeln.

00:23:52: Und manchmal macht er es doch einfach so.

00:23:54: Und immer wieder flieht sie auch in Frauenhaus.

00:23:57: Und immer wieder verkündet er aber, wie sehr sie liebt,

00:24:00: dass er in Therapie gehen will, dass er sich bessern will und so weiter.

00:24:03: Und immer wieder kehrt sie zurück.

00:24:06: Und sie sagt auch, heute versteht sie selbst nicht,

00:24:08: warum sie immer wieder zurückgekehrt ist.

00:24:10: Weil sie ihm geglaubt hat, weil wir den Männern glauben,

00:24:13: wenn die so was sagen. - Ja.

00:24:15: Und sie sagt aber auch, dass das Ding war, du warst halt im Frauenhaus.

00:24:18: Du hattest da so eine Ecke für dich und dein Baby.

00:24:22: Und eine ganz unsichere Zukunft, du wusstest gar nicht,

00:24:25: was passiert jetzt als Nächstes. - Ja.

00:24:27: Und letztendlich sitzt du ja auch auf der Straße.

00:24:29: Aber was ich halt nicht verstehe, ist ja, sie hat ja das ganze Geld verdient.

00:24:32: Warum? - Ja, also sie hat dann ...

00:24:34: Wie ich das verstanden, hat ihnen finanziell unterstützt,

00:24:37: sodass er sich auch eine Selbstständigkeit aufbauen konnte.

00:24:40: Und er hat dann aber gar nichts gemacht.

00:24:42: Also, er hat sie wirklich einfach komplett ausgenommen

00:24:45: und ihr kompletten Finanzen einfach an sich gerissen.

00:24:49: Und wahrscheinlich hätte sie hineingesagt,

00:24:51: er hat sie halt dann verprügelt.

00:24:53: Und das nächste war ja, Deutschland war damals noch ein ganz anderes Land.

00:24:56: Also erst 2003 gibt es überhaupt das Gewaltschutzgesetz.

00:24:59: Und erst, glaube ich, 1997,

00:25:03: 1990 sind ja Vergewaltigungen überhaupt verboten in der Ehe.

00:25:08: Also, ja.

00:25:10: Ich find das grad sehr spannend, weil das so eine Art

00:25:14: von finanziell Missbrauch ist, wo quasi sie das Geld verdient.

00:25:18: Und aber er ja trotzdem die Macht über sie hat,

00:25:21: was ich total paradox finde irgendwie ...

00:25:23: Das ist krass, oder? - Ja.

00:25:25: Das fand ich auch. Und das passiert ihr dann ja in der nächsten Ehe wieder.

00:25:28: Und das ist ja letztendlich, ja, klar, weil die ...

00:25:31: Ja, vielleicht auch, weil Frauen dann halt teilen.

00:25:34: Ich glaube auch, dass das damit zusammenhängt.

00:25:36: Ich glaube, ich wahrscheinlich ...

00:25:38: Also, "save" muss ja so sein.

00:25:40: Sie fragt sich ja auch die ganze Zeit so, was mache ich noch zu schlecht?

00:25:44: Und das, sie dachte halt, das ist der Grund,

00:25:47: warum er sie verprügelt, weil sie irgendwas noch zu schlecht macht.

00:25:50: Ja.

00:25:52: Das Ganze findet aber dann ein Ende als eine Frau im Frauenhaus.

00:25:56: Ihr sagt, wenn du jetzt nicht mit ihm Schluss machst,

00:25:59: dann werden wir das Jugendamt entscheiden,

00:26:01: weil wir können das deiner Tochter nicht zumuten.

00:26:03: Und dann macht sie das tatsächlich und lässt sich von ihm scheiden.

00:26:06: Und jetzt gibt's damals eine Sache.

00:26:10: Und vielleicht weißt du ja, was das ist,

00:26:12: wenn man sich damals scheiden gelassen hat.

00:26:14: Haben wir dann einfach getrennt?

00:26:17: Trennungsjahr, aber das gibt's heute immer noch.

00:26:20: Aber auch so wie da, weil in dem Trennungsjahr, die mussten dann beide noch

00:26:24: in der Wohnung wohnen bleiben.

00:26:26: In ihren 35 Quadratmetern.

00:26:28: Sie und der Mann, der sie verprügelt.

00:26:30: Ach so, nee, ich glaube, in dem Trennungsjahr heutzutage

00:26:33: muss man einfach nur ein Jahr getrennt sein.

00:26:35: Ah, und dann quasi einfach warten.

00:26:37: Kann auch sein, dass das vielleicht aus finanziellen ...

00:26:40: Aber sie beschreibt das schon so, dass sie beide weiterhin in der Wohnung

00:26:43: leben müssen. Er bekommt dann quasi zugeteilt das Wohnzimmer

00:26:46: und sie das Schlafzimmer.

00:26:48: Und sie sagt dann, die schläft dann auch das komplette Jahr mit einem Messer

00:26:52: im Bett und sagt halt, wenn du dich uns näherst, dann stech ich zu.

00:26:55: Also, was willst du auch sonst machen?

00:26:57: So, als dann dieses Scheißjahr endlich vorbei ist,

00:27:00: geht's dir zum Sozialamt, um einen Antrag für Hilfe für sich

00:27:03: und das Kind zu stellen. Weil die haben ja wirklich nichts.

00:27:06: Sie sagt, sie hatten keine Ersparnisse.

00:27:08: Und sie muss dann aber erst mal einen Antrag auf Unterhalt stellen.

00:27:12: Also, der Sozialarbeiter, der sagt ... - Das ist auch immer noch so.

00:27:15: Das komplett will ich.

00:27:17: Du kriegst keine Unterstützung, du musst Antrag auf Unterhaltsstellen.

00:27:20: Und wenn der Mann nicht zahlt, dann kriegst du trotzdem keine Unterstützung,

00:27:23: weil du musst das dann einklagen. Und da musst du dir aber irgendwie

00:27:26: noch einen Anwalt leisten. - Und du brauchst auch erst mehr Geld

00:27:28: für einen Anwalt, genau.

00:27:30: Und sie steht dann da im Amt und guckt ihn dann so an und ist so,

00:27:34: ja, okay, aber das wird ja jetzt erst mal mehrere Wochen oder Monate brachen.

00:27:38: Wie soll ich uns denn in der Zeit ernähren?

00:27:40: Wovon sollen wir denn leben in der Zeit?

00:27:42: Und er zuckt nur so mit seinen Schultern und sagt so, ja,

00:27:45: so lauten die Regeln. Ja, cool, danke für nichts.

00:27:48: Nur durch eine Mitarbeiterin, der Frauenhäuser,

00:27:51: er fällt Linda jetzt, dass sie als Person in akuter Notlage

00:27:55: eben doch auch Anspruch auf Hilfe hat.

00:27:57: Noch am selben Tag hat Linda zurück zum Sozialamt.

00:28:01: Im Flur macht sie genug Krach, um auch ohne Termine noch einmal

00:28:05: zum selben Sachbearbeiter gelassen zu werden,

00:28:07: wo sie schon kurz zuvor war. Sie guckt ihn an, läuft da jetzt rein,

00:28:12: fegt die Akten und die Unterlagen vom Schreibtisch

00:28:15: und setzt ihr Kind direkt vor ihnen und dann sagt sie folgendes.

00:28:19: Du Pissnickel, ich lass das Kind jetzt hier bei dir sitzen.

00:28:24: Ich lasse sie zu, wie du klarkommst.

00:28:26: Ich hab nicht mal Pampers.

00:28:28: Entweder du unternimmst jetzt was oder ich bin aus der Tür.

00:28:32: Und dann tatsächlich händigt der Sachbearbeiter

00:28:35: ihr einige Gutscheine aus.

00:28:37: Das sind dann so Gutscheine für Essen und Windeln

00:28:40: für die nächsten Wochen, also was ja schon mal ganz gut ist,

00:28:43: aber halt auch was, was abläuft.

00:28:45: Und da, und das fand ich ganz interessant,

00:28:48: darüber hab ich mir noch nie Gedanken gemacht,

00:28:51: und machen das sich dann wahrscheinlich schon eher,

00:28:54: und zwar der Begriff "Sachbearbeiter".

00:28:58: Was ja eigentlich voll der absurde Begriff ist für jemanden,

00:29:02: der ja eigentlich quasi nicht irgendwie über Sachen redet,

00:29:07: sondern über Menschen.

00:29:09: Also sie sagt auch, das ist so die komplette Entmenschlichung,

00:29:12: dass ich damit im Sachbearbeiter über mein zukünftiges Leben

00:29:15: und Überleben reden muss.

00:29:17: Wieso heißen die so ja voll?

00:29:19: Über irgendwelche Regelungen oder so?

00:29:21: Keine Ahnung, das ist einfach absurd,

00:29:23: das ist einfach Entmenschlichung.

00:29:25: Was als nächstes passiert, wissen wir eigentlich schon so ein bisschen.

00:29:28: Also im Alter von 34 Jahren lernt Linda jetzt den nächsten Gewalttäter kennen,

00:29:32: den sie dann auch heiratet, zwei Jahre später, also mit 36.

00:29:37: Sie beschreibt, wie sie ...

00:29:39: Aber er hat sich halt auch zwei Jahre zusammengestellt,

00:29:42: das finde ich auch sehr spannend, dass beide Männer quasi gewartet haben,

00:29:46: bis die verheiratet sind und dann erst gewalttätig.

00:29:49: Das hat bestimmt was damit zu tun, dass wir Hochzeit

00:29:52: auf irgendeine Art und Weise mit Besitz gleichsetzen.

00:29:55: Zumal man ja wirklich aus, nachdem man geheiratet hat,

00:29:58: nicht mehr so leicht aus der Beziehung rauskommt.

00:30:01: Ja, das ist noch so ein letzter Sozialer, also wir sollten das alles ...

00:30:05: Ich weiß ja auch so, dass tatsächlich die statistische Wahrscheinlichkeit

00:30:09: ermordet zu werden steigt, wenn eine Frau heiratet.

00:30:12: Warum? Wo machst du darüber keinen Content?

00:30:15: Habe ich letztens einen TikTok hochgeladen.

00:30:17: Das sollte man mit viel Füßen. - Was sollte man wissen?

00:30:20: Ja, das Ding bei Linda, oder ...

00:30:22: Kommen, sagen wir, das Problem für ihren Herrn Gewalttäter ...

00:30:26: ist, dass sie mit der Zeit sich aufrappelt,

00:30:29: dass sie jetzt nicht mehr so zerstört ist von ihrer ersten Ehe

00:30:33: und einfach selbstbewusster wird, was ihrem Mann gar nicht gefällt.

00:30:36: Und der versucht jetzt letztendlich mit Gewalt sie zu brechen.

00:30:40: Und wir wissen auch schon, er wird es schaffen.

00:30:42: Also sie wird am Ende alleine durch Köln laufen.

00:30:46: Ich verstehe nicht. - Sie versteht es selber auch nicht.

00:30:49: Sie versteht nicht, warum sie nicht beim ersten Schlag gegangen ist.

00:30:52: Aber weißt du, ich verstehe das.

00:30:54: Das ist einfach so eine Hoffnung, dass es sich irgendwie bessert.

00:30:58: Und dann halt dieses "Ja, ich will irgendwie jetzt nicht neu anfangen."

00:31:02: Und dann die schönen und auch zwischen den schlimmen Momenten

00:31:05: sind dann auch immer wieder schöne Momente.

00:31:08: Dann sagt er wahrscheinlich auch die ganze Zeit, ich ändere mich.

00:31:11: Also, ihr könnt mir gut vorstellen, hat er ja auch gemacht.

00:31:14: Dann ist es halt immer so, ja, okay,

00:31:16: und dann ist es halt wieder so ein paar Wochen lang gut.

00:31:19: Dann verprügelt er sie. - Ich glaub, das ist quasi so wie dieses

00:31:22: Bread-Crumbing, aber so andersrum.

00:31:24: Oder wie so Glücksautomaten.

00:31:27: Was ist das selbe Prinzip quasi?

00:31:29: Du bekommst 'ne Belohnung, aber halt nicht immer.

00:31:32: Und das ist so was, was abhängig macht oder süchtig.

00:31:35: Das ist ja auch genau, dass diese Dynamiken tatsächlich abhängig machen.

00:31:39: Das ist einfach so erwiesen, dass es abhängig macht.

00:31:42: Und dann ist es halt wieder zurück.

00:31:44: Ich hab letztens auch ein TikTok-Video gesehen von einer,

00:31:47: die die Frage an sich selbst gestellt hat,

00:31:50: warum bin ich nicht gegangen?

00:31:52: Und dann war halt immer so ein Zwischenstitt, so ...

00:31:55: "He was like this."

00:31:57: Und dann halt so, wie die Wohnung komplett verwüstet war,

00:32:00: wie so Sachen zerschlagen wurden und so.

00:32:02: Und dann "But also like this."

00:32:04: Und dann eben, wie die halt so gelacht haben,

00:32:06: wie bei Festivals waren und er so voll zuwendig gezeigte.

00:32:09: Und dann halt die ganze Zeit so diese Wechse.

00:32:12: Und dann, als ob man das irgendwie ...

00:32:14: Hätte man halt nur diese schönen Momente gesehen,

00:32:16: hätte man halt gesagt, okay, das ist halt ...

00:32:18: "Love of your life" so. - Ja, eben.

00:32:20: Ich glaube, das ist das Problem daran. - Voll.

00:32:23: Ja, Linda erfährt dann auch irgendwann,

00:32:25: dass er die ganze Zeit über das Kindergeld für sich einsagt,

00:32:28: dass er in Mafia-Strukturen verwickelt ist.

00:32:30: Darüber haben wir schon geredet.

00:32:32: Und auch, dass er wirklich seine Hände in allem drin hat,

00:32:35: was irgendwie illegal ist, unter anderem eben auch in Prostitution.

00:32:39: Und am Ende schafft er es eben, sie zu brechen.

00:32:41: Also, sie landet auf der Straße und durchlebt eine ganz schwere Psychose.

00:32:46: Und jetzt sind wir quasi wieder an den Punkt angelangt,

00:32:50: wo wir auch am Anfang waren. - Und wieder hat sie gearbeitet.

00:32:53: Und er hat das Geld alles ausgegeben.

00:32:55: Weil man könnte ja meinen, wenn er in der Mafioso-Felge,

00:32:58: das kriegt er auch Geld. - Ja, klar.

00:33:00: Er hat ja auch Geld verdient, aber davon hat sie nie was gesehen.

00:33:03: Er hat einfach alles eingesagt. - Aber warum wird er zwangspräum?

00:33:07: Er hat trotzdem die Mieten nicht gezeigt.

00:33:09: Wenn er in die Mafia geradet, dann müssten die Seinvermögen auch einfrieren.

00:33:13: Na ja, klar, aber nicht, wenn die nichts von seinem Mafia-Vermögen wissen.

00:33:17: Das ist ja wahrscheinlich das Problem.

00:33:19: Zumal er auch dann irgendwann im Knast sitzt.

00:33:22: Und ich denke mal, dann nehmen die nicht an E-Sein-Vermögen oder so.

00:33:27: Ja, was ist halt unfair? - Ja, das ist komplett unfair.

00:33:30: Das sagt sie auch ganz klar, die meisten Leute, die obdachlos sind,

00:33:34: die rutschen dadurch so was rein.

00:33:36: Ja, eben, das ist halt genau das. - Oder durch eine solche Entscheidung.

00:33:40: Die sind unempatisch und geben ihnen kein Geld.

00:33:42: Die können nicht mit Geld umgehen, keine Ahnung.

00:33:44: Das macht mich immer sauer, wenn ich davor nachdenke.

00:33:47: Einfach so diese Empathie-Losigkeit,

00:33:49: die diesen Menschen entgegengebracht wird,

00:33:51: die sind die gescheiterten Persönlichkeiten,

00:33:53: die sind irgendwie alle dumm oder keine Ahnung war.

00:33:55: Oder sind alle süchtig und sind alle verrückt.

00:33:57: Irgendwann wird man, glaub ich, einfach verrückt davon.

00:34:01: Das war's eigentlich auch schon.

00:34:03: Die ganze Ponte dahinter. - Ja, ist so.

00:34:06: Die meisten können einfach gar nichts dafür.

00:34:09: Den Besitz von Linda schaffen die Männer jetzt weg in irgendeine Garage.

00:34:13: Ich bin mir jetzt nicht mehr sicher,

00:34:15: aber ich glaube, sie muss sogar Miete dafür sein.

00:34:19: Ich mein, kann sie natürlich nicht machen.

00:34:21: Aber sie irrt jetzt durch die Straßen von Köln,

00:34:24: weiß nicht, wie sie überlebt und weiß auch nicht,

00:34:27: was sie überhaupt getan hat.

00:34:29: Manchmal schläft sie in Fluren von Wohnhäusern

00:34:31: und flieht, sobald sie Personen hört.

00:34:33: Irgendwann fällt ihr der Friedhof ein, auf dem ihre Oma liegt.

00:34:36: Und endlich sieht sie einen Lichtblick.

00:34:38: Sie kuschelt sich jetzt ins Gras.

00:34:40: Das hab ich ja vorhin auch schon erzählt.

00:34:42: Und bleibt da auch wirklich lange.

00:34:45: Irgendwann beginnt sie,

00:34:47: auch alte und verkümmerte Grabsteine zu pflegen und zu pflanzen.

00:34:51: Was ja auch was war, was ihre Oma gemacht hat,

00:34:53: was ich irgendwie voll süß finde.

00:34:55: Und ihre Erscheinung muss aber ganz anders gewesen sein,

00:34:58: als die von so einer lieben Gärtnerin, die da mal Grabsteine pflegt.

00:35:02: Und die Leute, die dabei inzwischen haben sich ihre Kleider

00:35:05: eher so in Lumpen verwandelt.

00:35:07: Auf ihrem Kopf sitzt ein Filznest.

00:35:09: Und irgendwo hat sie auch eine Decke her,

00:35:11: die sie auch tagsüber aufträgt, über die Schultern.

00:35:14: Und der Friedhofsgeruch aus Gras und frischer Luft,

00:35:19: der auch an ihr ist, wird aber übertönt von einfach Gestank.

00:35:24: Und die Menschen auf dem Friedhof,

00:35:26: die gewöhnen sich jetzt aber langsam an sie.

00:35:28: Also je länger sie da ist,

00:35:30: die Menschen auch an sie ran.

00:35:32: Man merkt, hat er wahrscheinlich auch, dass sie halt ganz leer.

00:35:35: Nicht gefährlich ist, einfach.

00:35:37: Also ich denke auch, die merken, dass sie nicht gefährlich ist.

00:35:40: Und irgendwann drückt ihr jemand 5 Euro in die Hand.

00:35:42: Und Linda erinnert sich dann in dem Moment an den Geschmack

00:35:45: von Cola, Kaffee und Zigaretten.

00:35:48: Also läuft sie jetzt das erste Mal vom Friedhof weg,

00:35:50: in der Nähe, nämlich zu einem Kiosk.

00:35:52: Und dort kauft sie sich jetzt genau das.

00:35:54: Und mit ihren erworbenen... - Krass, dass man mit 5 Euro

00:35:56: so viel kaufen konnte. - Konnte ja, ne?

00:35:58: Und die meisten, als sie jetzt zurück nach Hause in ihrer Oma...

00:36:01: Weißt du, was ich heftig finde?

00:36:03: Damals hat man 5 Euro gegeben, und heute gibt man auch maximal 5 oder 10.

00:36:06: Also wer gibt schon 10 Euro?

00:36:08: Also ich, ehrlich gesagt, schon öfter.

00:36:10: Ich auch, ich gebe auch gerne mal 20 Euro.

00:36:12: Aber die meisten sind so, ja, 1 Euro.

00:36:14: Und damit kann man heutzutage ja wirklich gar nichts mehr kaufen.

00:36:17: Das finde ich schon krass, irgendwie.

00:36:19: Voll, ja, ist so.

00:36:21: Ich finde es auch voll krass, weil ich hatte irgendwie auch...

00:36:24: Manchmal, wenn ich halt auch mit Leuten unterwegs bin,

00:36:26: da ist es mir tatsächlich auch schon passiert,

00:36:28: dass ich zum Beispiel nur einen 50 Euro Schein im Geldbeutel hatte.

00:36:31: Und ich hab den dann abgegeben. - Ja, mach ich auch.

00:36:33: Und manchmal war das dann aber so,

00:36:36: dass die mich dann so angeguckt haben, so von wegen...

00:36:39: So, boah, das war jetzt viel zu viel.

00:36:42: Und dass ich mich so für einen kurzen Moment dafür geschämte.

00:36:45: Ich kenne das. Ich kenne das.

00:36:48: Ich hatte das auch. Ich war für eine...

00:36:50: Ich war für eine Frau 1, also schon mehrfach für...

00:36:53: Also ich... Ich hätte vor allem...

00:36:55: Das Problem ist, dass ich tatsächlich ein bisschen Angst vor

00:36:58: obdachlosen Personen hab, die halt so psychotisch wirken.

00:37:01: Ich glaub, das ist blöd, aber...

00:37:03: Also damit hab ich eine Schwierigkeit, aber wo ich halt gar nicht...

00:37:06: Also wenn mich irgendwie jemand anspricht

00:37:08: und ich hab das Gefühl, kann ich mit der Person unterhalten,

00:37:11: dann sag ich voll oft, ich lass uns zusammen einkaufen gehen oder so.

00:37:14: Und das sind oft irgendwie halt so...

00:37:17: Ich kann mir vorstellen, dass das Roma und Sinti sind.

00:37:20: Oder ich weiß nicht.

00:37:23: Das ist die Hauptstruktur. Das sind halt meistens auch Frauen.

00:37:26: Ich wär's voll mit einem Mensa.

00:37:28: Und da war ich halt auch für 70 Euro für eine Frau einkaufen.

00:37:31: Also ich hab wirklich... Ich hab ja gesagt, so jeder rein,

00:37:34: kauf nimm alles mit, was du willst.

00:37:36: Und sie hat wirklich bei jedem, ist das okay?

00:37:38: Ich war einfach so wirklich, nimm einfach alles mit.

00:37:40: So, sie hat irgendwie drei Kinder, hat sie erzählt.

00:37:42: Also natürlich weiß ich ja nicht, ob das stimmt,

00:37:44: aber sie hat mir halt auch Bilder gezeigt, so.

00:37:46: Deshalb glaub ich halt auch einfach, dass es stimmt.

00:37:48: Also wie sollte sie auch lügen?

00:37:51: Dann dachte ich so, ja, vielleicht hat sie mich angelogen.

00:37:53: Oder so dachte ich so, aber warum...

00:37:55: Und selbst wenn sie mich angelogen hätte,

00:37:57: dann wär's ja vollkommen scheißegal gewesen.

00:37:59: Weil so... Und dann...

00:38:01: Dasselbe hatte ich halt...

00:38:03: Danach hatte ich dann auch echt so, dass ich mich geschämt habe.

00:38:05: Danach dachte ich so, ja, vielleicht hab ich mich jetzt irgendwie

00:38:07: ausnutzen lassen oder so.

00:38:09: Und dann musste ich halt auch so drüber nachdenken und das so...

00:38:11: Nee, und dann dachte ich so, ja, das ist halt einfach komplett der Bullshit.

00:38:14: Und dann war das so krass.

00:38:16: Und das ist ein Moment, ne?

00:38:20: Da könnte ich so heulen.

00:38:22: Weil das war so schön.

00:38:24: Das war... Da saß die Frau vom EDK, die hatte so ein Becher, ne?

00:38:27: Und da waren so zwei Euro drin.

00:38:29: Zwei einzelne Euro.

00:38:31: Und ich war mit meiner Tochter, die hat so...

00:38:33: Auf so einem Fahrzeug gefahren, wo man Euro reinschmeißen muss.

00:38:36: Ja, du hast mir die Geschichte mal erzählt.

00:38:40: Ja, und dann...

00:38:42: Dann ist meine Tochter runter.

00:38:47: Und dann ist meine Tochter runter.

00:38:49: Und dann wollte die Ausstrahlung ist sie runtergefallen und hat sich wehgetan.

00:38:52: Und hat angefangen zu weinen.

00:38:54: Und ich war genau in dem Moment nicht bei ihr,

00:38:56: weil ich hatte die Einkäufe und ich hab die an mein Fahrrad gestellt.

00:38:59: Weil die Hammer wehgetan und sie wollte halt da gerade noch spielen.

00:39:02: Und dann ist sie gestürzen,

00:39:04: ist die Frau sofort hin und hat sie getröstet.

00:39:06: Und hat sie da draufgesetzt und hat den Euro reingeschmissen.

00:39:09: Von ihren...

00:39:12: Von ihren zwei Euro besessen und einen Euro davon hat sie reingeschnissen.

00:39:15: Wer hätte das gemacht?

00:39:17: Von den Leuten, die da vorbei...

00:39:19: Von denen niemand...

00:39:21: Und man zahlt sie ja im Moment getröstet.

00:39:23: Und ich hab mich... Sie konnte kein Deutsch.

00:39:25: Ich hab mich dann mit ihr unterhalten auf Englisch und mit ihrem Handy.

00:39:27: Oder mit meinem Handy haben wir so übersetzt.

00:39:29: Ja, genau, dann rein tippen.

00:39:31: Und sie meinte, dass sie aussieht wie ihre Kind.

00:39:33: Und dass sie das nicht...

00:39:35: Dass sie immer wollte, so, dann hab ich ihr mein ganzes Bagel gegeben.

00:39:38: Ich glaub, es waren 50 Euro.

00:39:40: Und dann hab ich ihr noch gesagt, dass ich für sie einkaufen gehe.

00:39:42: Ich bin noch komplett für sie einkaufen gegangen.

00:39:44: Und ich...

00:39:46: Und wir gehen an diesen Leuten einfach vorbei und tun so...

00:39:50: Nee, hier gehen wir nicht auf den Sack.

00:39:52: Und sie gibt einfach fast alles, was sie hat,

00:39:54: damit meine Tochter nicht weint.

00:39:56: Wahrscheinlich, wovon sie sich ihr Frühstück gekauft hätte.

00:39:58: Ja.

00:40:00: Ja, ist so...

00:40:02: Das ist so...

00:40:04: Und uns für ein schlechtes Gewissen gemacht.

00:40:07: Wenn wir den Leuten...

00:40:09: Ich hab dann immer das Gefühl,

00:40:11: hast du zu viel Geld oder so.

00:40:13: Und ich denke mir so, ja, im Vergleich zu diesen Menschen

00:40:15: habe ich wirklich zu viel Geld.

00:40:17: Es wird einfach beschämt.

00:40:19: Man wird einfach dafür beschämt, dass es der Scham ist an der falschen Stelle.

00:40:21: Es wird einfach so getan, als ob das...

00:40:23: Als ob teilen quasi etwas wäre, wofür man sich schämen sollte.

00:40:26: Ja, und auch so...

00:40:28: Und Gemeinschaftlichkeit und Empathie.

00:40:30: Alleine, dass man sich über so genannte "Gutmenschen" aufregt.

00:40:33: Ist ja so dumm.

00:40:35: Ja.

00:40:37: Also, für wen hältst du dich? Ja, du bist ja so ein guter Mensch.

00:40:39: So, ja, okay, aber es ist doch gut, was Gutes zu tun.

00:40:41: Ja, ich glaube, da geht es ja vielleicht auch so ein bisschen darum,

00:40:43: wenn sich halt Leute so...

00:40:45: Aufstellen, wenn du...

00:40:47: Ja, ich weiß voll, was du meinst,

00:40:49: aber die Kritik setzt halt schon,

00:40:51: auch teilweise schon an Punkten an,

00:40:53: wo man halt einfach jemandem viel Geld gibt.

00:40:55: Weißt du also so?

00:40:58: Das ist... zumindest fühle ich mich dann so,

00:41:00: als ob das so falsch oder als ob ich so unauthentisch wäre,

00:41:02: wenn ich das mache.

00:41:04: Weißt du?

00:41:06: Ja.

00:41:08: Das ist irgendwie so ganz komisch.

00:41:10: Ich glaube, weil wir alle wissen,

00:41:12: dass es moralisch nicht okay ist.

00:41:14: Und dass wir die Empathie quasi fühlen,

00:41:16: aber ausschalten.

00:41:18: Ich glaube, das ist das,

00:41:20: daran werden gesprochen.

00:41:22: Daran erinnern wir dann die Leute, sobald du sowas sagst.

00:41:25: Ja, erinnern die Leute daran, und das macht sie wütend,

00:41:27: weil das Ding Confirmation bei ist zerstört

00:41:29: und auch das... quasi das Weltbild zerstört,

00:41:31: zu sagen, nein, wir...

00:41:33: wir sehen kollektiv über diese Menschen hinweg,

00:41:35: und dann machst du das nicht

00:41:37: und zeigst den quasi so einen anderen Weg

00:41:39: und das eigene Moral und das eigene Selbstbild an,

00:41:41: glaube ich.

00:41:43: Voll safe.

00:41:45: Ja, Linda ist jetzt auf jeden Fall immer noch

00:41:47: auf diesem Friedhof.

00:41:50: Und ihr wird jetzt aber von dem Kaffee-Auszeit erzählt,

00:41:52: wo es kostenlosen Kaffee gibt.

00:41:54: Und Menschen, wie sie sich treffen können,

00:41:56: also wohnungslose Menschen.

00:41:58: Und sie denkt jetzt daran,

00:42:00: einen warmen, kostenlosen Kaffee trinken zu können.

00:42:02: Und sie...

00:42:04: sie geht jetzt dorthin.

00:42:06: Also sie geht jetzt dort immer wieder hin,

00:42:08: trinkt dort Kaffee und verlässt dann die Räume sofort.

00:42:10: Sie redet auch erst mit niemandem

00:42:12: und sie geht dann auch jedes Mal wieder zurück

00:42:14: auf den Friedhof, obwohl das wirklich auch

00:42:17: ein weiter Weg ist.

00:42:19: Und irgendwann redet sie aber dann doch mit den Leuten

00:42:23: und wird dann auch dort überredet,

00:42:25: einer der Notschlafstellen vom SKF zu übernachten.

00:42:29: Ich habe mir irgendwo notiert,

00:42:31: was SKF ausgesprochen heißt,

00:42:33: aber das kommt irgendwie später in mein Notizen erst.

00:42:35: Deswegen kann ich es erst später sagen.

00:42:37: Sie schläft jetzt immer wieder für eine Nacht

00:42:39: in einen der beiden Schlafstellen.

00:42:41: Es gibt das Haus Rosalie und die Notschlafstelle Comeback.

00:42:45: Und sie macht das jetzt monatelang.

00:42:48: Also sie taucht dort immer wieder auf,

00:42:50: geht in eine Notschlafstelle, verschwindet dann wieder,

00:42:54: schläft dann wieder dort.

00:42:56: Und einmal schläft sie dann im Haus Rosalie

00:42:58: und sie will dann los morgens.

00:43:00: Aber vor ihrem Zimmer

00:43:02: warten ein Arzt und mehrere Polizisten.

00:43:04: Und sie halten sie jetzt fest.

00:43:06: Und geben ihnen Spritze.

00:43:08: Und dann wacht Linda an Spät gefesselt

00:43:12: in einer Psychiatrie auf.

00:43:14: Sie ist dort wirklich lange fixiert.

00:43:18: Über mehrere Tage weiß sie nicht so genau,

00:43:23: wie lange sie fixiert war und keine Uhr oder so hatte.

00:43:25: Sie bekommt Medikamente und alles ist vernebelt.

00:43:28: Sie sagt auch selber,

00:43:30: hätten die ihr keine Medikamente gegeben,

00:43:34: sie hätte sich auf jeden Fall gewährt,

00:43:36: sie wäre auf jeden Fall rausgegangen.

00:43:38: Und irgendwann ist sie aber eben so ruhig gestellt,

00:43:40: dass sie auch rausgelassen wird.

00:43:42: Also sie bekommt jetzt eine Auszeit.

00:43:44: Der Bodyguard, der sie begleitet, traut ihr zu.

00:43:47: Wage nicht, auch nur einen Schritt zu tun.

00:43:50: Und Linda ist direkt versetzt in ihre Gewalt ehn.

00:43:53: Sie bekommt es mit der Angst zu tun.

00:43:55: Auch die Behandlung, die sie dort bekam,

00:43:57: erlebt Linda als gewaltvoll, unmenschlich und zerstörerisch.

00:44:01: Aber was war der Sinn? Das verstehe ich gar nicht.

00:44:03: Ich denke mal, dass die Mitarbeiter der Nusschlafstellen

00:44:06: Linda für irre gehalten haben.

00:44:08: Ich meine, letztendlich war sie auch in der Psychose.

00:44:11: Und sie deswegen quasi Zwangs eingewiesen haben.

00:44:14: Aber deshalb hätte man auch mit ihr reden können.

00:44:18: Ja, wurde aber halt nicht.

00:44:20: Vor allem, sie hätte sich ja wahrscheinlich drüber gefreut.

00:44:24: Und jemand gesagt, hey, wir kümmern uns jetzt um dich.

00:44:26: Du kriegst jetzt ein Bett, wir gucken jetzt,

00:44:28: dass dir wieder besser geht, so dass wäre ja kein Problem gewesen.

00:44:31: Ich verstehe gar nicht, wie man auf die Idee kommt,

00:44:33: dass das helfen könnte, jemanden einfach so.

00:44:35: Das check ich gar nicht.

00:44:37: Wir sollten aber alles hinterfragen,

00:44:39: auch so was Psychiatrie und generell angeht,

00:44:41: auch unsere Psychotherapie.

00:44:43: Weil also, ich glaube, vieles davon läuft nämlich ganz genau so ab.

00:44:48: Wenn du halt so ein bisschen oberflächlich verrückt bist,

00:44:50: dann ist es okay, also quasi Depressionen,

00:44:53: Börnhochso, das alles noch gesellschaftlich anerkannt.

00:44:55: Aber sobald du irgendwie schiedst zufrieden bist

00:44:57: oder keine Ahnung bist, du freiwillt.

00:44:59: Und da geht es dann nicht darum, irgendwie dich wieder gesund zu kriegen.

00:45:02: Das finde ich schon krass.

00:45:04: Das Ding ist, sie wird sogar entmündigt.

00:45:06: Also sie hat jetzt noch nicht mal das volle Menschenrecht.

00:45:09: und darf auch nicht mehr über ihr Leben ...

00:45:11: Dann wird sie schon ja auf Stereovisiert oder so was?

00:45:14: Das weiß ich gar nicht. Erzählt sie nichts davon,

00:45:17: aber könnte natürlich sein.

00:45:18: Immer wieder sagen ihr die Ärzte auch und auch die Therapeuten,

00:45:22: dass sie nie wieder ein normales Leben führen wird.

00:45:25: Und irgendwann kommt sie dann auch ...

00:45:27: Also irgendwann kommt sie dann quasi endlich einen Schritt weiter,

00:45:31: und zwar ein betreutes Wohnen.

00:45:32: Sie sitzt quasi aus der geschossenen Ernstheit raus,

00:45:35: in betreuten Wohnen.

00:45:37: Und die ganzen Wohnungen, die sind ...

00:45:39: Also, das ist wirklich einfach komplett krank so.

00:45:43: Und man darf jetzt auch nicht vergessen,

00:45:46: sie ist jetzt zwar in so einer betreuten Wohnung,

00:45:48: und sie war zwar in der Psychiatrie, aber sie ist weiterhin obdachlos.

00:45:52: Sie ist immer noch obdachlos, das ist immer noch ein Leben

00:45:55: von einer Obdachlosen, wie es halt so läuft in Deutschland.

00:45:58: Aber wieso ist sie immer noch obdachlos?

00:46:00: Sie hat ja kein Zuhause, zu dem sie gehen kann.

00:46:03: Wenn die quasi sagen, sie werfen sie raus,

00:46:05: sie sind auf der Straße und weil quasi sie kontrolliert wird.

00:46:10: Also sie wurde entmündigt und die verfügen jetzt quasi über ihr Leben.

00:46:16: Ja, also sie hat keine Recht.

00:46:18: Also sie ist nicht frei. - Genau, sie ist nicht frei.

00:46:20: Und diese ...

00:46:22: Also sie sagt dann, dass eine ihrer Mitbewohnerinnen,

00:46:25: zum Beispiel die Wende mit Kot beschmiert hat,

00:46:28: und eine andere Mitbewohnerin kann nur prülen.

00:46:30: Also sie selber sagt, da haben die bekloppten gewohnt,

00:46:33: und ich hab halt dazu gehört.

00:46:35: Das ist jetzt nicht meine Wortwahl, das ist halt ihre Wortwahl.

00:46:39: Aber sie meinte halt auch, dass mit dem Kot

00:46:41: das war halt eine Protestaktion, weil die Person nicht dort leben wollte.

00:46:45: Ja, das finde ich krass, weil man stellt das immer so da,

00:46:48: als ob die komplett den Verstand verloren haben.

00:46:50: Und kommt irgendwie gar nicht darauf, dass es vielleicht auch ein Grund hat,

00:46:54: auch die, die nur brüllt, zum Beispiel die wollte ich raus.

00:46:57: Also weiß das nicht mein ... - Ja, die wollte auf jeden Fall daraus.

00:47:01: Weil es gab dort nichts, es gab da keine Angebote,

00:47:04: keine Pläne, nur Überwachungskameras

00:47:06: und strikte Kontrolle aller Ausgaben.

00:47:09: Sogar die Kleiderschränke werden regelmäßig kontrolliert.

00:47:13: Da hab ich auch ... - Und auch die Briefe werden geöffnet, unzensiert.

00:47:16: Die bekommen einfach ihre Briefe nur zensiert in die Hand.

00:47:19: Da hab ich aber auch einen, da gibt's den Film, der ist 100 Dinge,

00:47:23: das ist ein deutscher Film, und da geht's auch um eine,

00:47:26: die halt in so einer Gruppe wohnt, weil die kaufsüchtig ist.

00:47:29: Bei der ist das auch so, dass wirklich jede Ausgabe,

00:47:31: die auch kaufsüchtig ist, die mit dem Film, die die Briefe kaufsüchtig ist.

00:47:36: Das ist so, wenn die Geld wollen, müssen sie erst mal danach fragen,

00:47:39: und dann müssen sie auch sagen, was sie kaufen wollen,

00:47:42: und dann müssen sie wieder zurückgehen und den Beleg zeigen,

00:47:45: was sie gekauft haben, also die verfügen da über nichts.

00:47:48: Und das ist auch ein Grund, warum sie als Obdachlust ist.

00:47:51: Weil sie ja nichts hat, sie hat ja kein eigenes Vermögen oder so.

00:47:54: Ja, und sie hat ja noch keine Möglichkeit, ja.

00:47:57: Ja, krass. - Und ...

00:47:59: Linda lässt sich sehr viel nicht gefallen, auch ...

00:48:02: dass sie die Oma gelernt hat, dass sie nicht aufgeben soll,

00:48:04: dass sie immer auf ihre Rechte einstehen soll.

00:48:07: Das macht sie halt die ganze Zeit.

00:48:09: Und durch einen sehr harten, langen Kampf schafft sie es dann,

00:48:12: dass sie sich regelmäßig Hunde leihen darf und mit denen spazieren kann.

00:48:16: Und sie sagt halt, das hat ihr so doll durch diese Zeit geholfen,

00:48:19: was ihr denkt, was ihr jetzt ist. - Aber hat sie dann Geld dafür bekommen?

00:48:23: Oder einfach nur so? - Nee, einfach nur so.

00:48:25: Aber schön. - Ja, also, sie hat halt gesagt,

00:48:27: es war so Freiheit für sie irgendwie.

00:48:30: Sie hat halt gesagt, sie hat halt so viel Geld dafür bekommen,

00:48:33: weil sie sich so viel Geld verwendet hat.

00:48:35: Und sie hat halt gesagt, sie hat halt so viel Geld dafür,

00:48:37: und sie hat halt gesagt, sie hat halt so viel Geld dafür,

00:48:40: und sie hat halt gesagt, sie hat halt so viel Geld dafür,

00:48:43: und sie hat halt gesagt, sie hat halt so viel Geld dafür,

00:48:46: und sie hat halt gesagt, sie hat halt so viel Geld dafür,

00:48:49: und sie hat halt gesagt, sie hat halt so viel Geld dafür,

00:48:51: und sie hat halt gesagt, sie hat halt so viel Geld dafür,

00:48:55: und sie hat halt gesagt, sie hat halt so viel Geld dafür,

00:48:58: und sie sind die auch untereinandergewalttätig,

00:49:00: einfach weil die natürlich auf engstem Raum zusammen sind

00:49:05: und die schlimmsten Schicksale hinter sich gebracht haben.

00:49:08: Ich habe die Vermutung, dass es auch daran liegt,

00:49:11: dass uns immer erzählt wird von klein auf,

00:49:13: dass man quasi um Ressourcen kämpft. - Ja, selten.

00:49:16: Und dass es schlecht ist zu teilen.

00:49:18: Und ich glaube, wenn man quasi das durchbrechen würde,

00:49:20: und wenn auch obdachlose Personen quasi mehr zusammenhalten,

00:49:24: mehr zusammenarbeiten würden,

00:49:26: dann könnten die jetzt sogar obdachlosigkeit abschaffen,

00:49:29: kann ich mir vor.

00:49:30: Ich glaube, dann könnte es werden.

00:49:32: Ich glaube, das passiert ja von unten normalerweise.

00:49:35: Wenn du wirklich was Großes bewegen willst,

00:49:37: dann passiert das ja von unten.

00:49:39: Weil die Reichen sind ja wenigstens so,

00:49:41: die haben nur so lange Macht, wie man ihnen auch Macht gibt.

00:49:45: Weil das sind dann so ein paar Yuppies, die halt so.

00:49:48: Und ich glaube, wenn wir dieses Narrativ aufbrechen,

00:49:51: dass man quasi durch Teilen verliert

00:49:53: und das nur Gewalt einen voranbringt,

00:49:56: dann produziert sich das auch.

00:49:57: Können alle halt ein viel besseres Leben auch haben?

00:50:00: Ja, safe, denke ich schon auch.

00:50:02: Na ja, aber das Ding ist halt, es gibt auch tatsächlich Menschen,

00:50:06: die ein Interesse daran haben, dass Personen wie Linda da sind.

00:50:09: Und dazu gehört zum Beispiel ihr Anwalt,

00:50:12: der nämlich entmündigte Personen verwaltet,

00:50:16: also über deren Leben bestimmt und dadurch halt Geld verdient.

00:50:20: Und Linda's Anwalt ist auch eben einer der Personen,

00:50:24: die ihr halt immer wieder sagen,

00:50:25: dass sie niemals ein anderes Leben führen wird.

00:50:28: Also, der verdient sich einfach Kohle daran,

00:50:30: dass Menschen entmündigt werden und er deren Leben verwalten kann.

00:50:34: Hatten wir auch in der Kanzlerin, der ich gearbeitet habe.

00:50:37: Das ekelhaft einfach.

00:50:38: Ich hab das gar nicht so hinterfragt, also ...

00:50:41: Ja, weil man auch ...

00:50:42: Weil das auch alles, das sind ja auch die Begriffe, die man benutzt.

00:50:46: Ja, ich verwalte halt das Leben von denen und so.

00:50:49: Das klingt ja ganz anders als zu sagen,

00:50:51: dass die Person nicht über ihr eigenes Leben bestimmen kann

00:50:54: und in Obdachlosigkeit bleibt

00:50:56: und als Verrückte halten wird, niemals heilen darf und so.

00:50:59: Also, was ist das jetzt der ...

00:51:01: Vor allem ist es eigentlich so abartig jemanden zu entmündigen.

00:51:04: Was ist das denn bitte für eine Ansage?

00:51:06: Ja, voll. - Was ja auch reihenweise Menschen mit Behinderung passiert.

00:51:10: Ja. - Ja.

00:51:11: Die wollen die dann ...

00:51:13: Sie muckt die ganze Zeit auf, weil sie will halt mehr Rechte haben.

00:51:17: Sie will auch aus dieser Scheißwohnung raus.

00:51:19: Und ihr dann damit, dass sie wieder ne Psychiatrie muss.

00:51:22: Das Problem ist aber, sie klaut nicht,

00:51:24: sie nimmt keine Drogen, sie nimmt kein Alkohol,

00:51:27: sie greift niemanden an,

00:51:28: sondern setzt sich halt eben einfach nur lautstark für ihre Rechte ein.

00:51:32: Deshalb kann sie auch nicht dort zurückgesteckt werden.

00:51:35: Sie möchte jetzt stattdessen ein neues Gutachten

00:51:37: über ihre Gesundheit haben.

00:51:39: Aber niemand in diesen Einrichtungen klärt sie darüber auf, wie das geht.

00:51:43: Also, sie bekommt einfach Vernögensinformationen

00:51:45: und fragt dann stattdessen ihren Ergotherapeuten

00:51:48: und die erklärt ihren Adderst zum Glück.

00:51:51: Aber ich find das so komisch, weil man würde ja meinen,

00:51:54: dass man ja hier, dass du da rauswirst, ist ja positiv,

00:51:57: weil das spart ja Geld, da sieht man schon, wie das dieses System hat.

00:52:00: Das ist einfach alles nur, nee, nicht, dass das nicht funktioniert,

00:52:04: sondern dass das alles auch einfach nur so ein Gelaber ist.

00:52:07: So von wegen, ja, wir wollen am Gesundheitssystem sparen.

00:52:09: Wir wollen abtachlosen helfen. - Das ist einfach so kompletter Bullshit.

00:52:13: Das interessiert einfach niemanden.

00:52:15: Und eigentlich ist es cool, wenn sie damit Geld machen können.

00:52:19: Sie schafft es jetzt aber, frei zu kommen.

00:52:21: Also, sich aus den Strukturen zu lösen

00:52:24: und auch die Abdachlosigkeit und Abhängigkeit hinter sich zu lassen.

00:52:28: 2011 steht sie jetzt nämlich das erste Mal in ihrer eigenen Wohnung.

00:52:31: Fünf Jahre hat sie jetzt ohne eigene Räumlichkeiten leben müssen.

00:52:35: Und sie fasst jetzt den Schluss.

00:52:36: Also, sie steht da in ihrer Wohnung, ist ein riesiger Moment für sie.

00:52:40: Als die Tür zugeht, fängt sie auch komplett an zu heulen,

00:52:42: weil sie ist so, wow, ich hab wieder so was wie Privatsphäre,

00:52:46: ich hab mein eigenes Bad.

00:52:47: In Spat gehen, wenn ich nur will.

00:52:49: Und sie fasst jetzt den Schluss, Menschen wie sich früher zu helfen.

00:52:55: Also, sie möchte Frauen, abtachlosen Frauen vor allem helfen.

00:52:58: Das Problem ist nur, sie wurde jetzt als Dauerhaft erwerbsunfähig erklärt.

00:53:05: Nicht nur wegen der Psychose, die sie hatte,

00:53:08: sondern auch weil sie inzwischen chronische Erkrankungen hat.

00:53:11: Sie hat nämlich COPD, also diese schweren Lungen leiden.

00:53:15: Ihre Knie, ihre Rücken und ihre Schultern

00:53:19: sind vom Arbeiten und vom Draußen sein kaputt gegangen.

00:53:21: Also, wahrscheinlich auch einfach von der Kälte, vom Obdachlossein.

00:53:25: Und deswegen gibt's für sie sogar ein Verbot,

00:53:28: auf dem ersten Arbeitsmarkt überhaupt eine Stelle anzunehmen.

00:53:32: Was so absurd ist.

00:53:33: Weil, stell dir vor, da ist dann irgendjemand, der ist so,

00:53:36: ja, ich bin voll überzeugt von dieser Linda,

00:53:38: ich würde die gerne einstellen, und die darf das dann einfach nicht.

00:53:41: Ist nicht irgendwie richtig, ist das alles, ja.

00:53:44: Deswegen jetzt so eine kleine Rente, ganz wenig.

00:53:46: Es geht ja in diesem System einfach null darum.

00:53:49: Ist es kein System, es ist einfach nur so ...

00:53:51: Es ist wie so eine Sektor einfach nur, aber so ein riesiges,

00:53:55: ist einfach wie so eine Religion.

00:53:56: Es gibt so ganz ekelhafte Regelungen.

00:53:58: Und es geht irgendwie darum,

00:53:59: bestimmte Menschen einfach dafür zu bestrafen,

00:54:02: dass sie existieren und andere irgendwie zu bereichern.

00:54:04: Und es ist einfach so, ich bin so sauer, also ich bin so sauer wirklich.

00:54:08: Ich glaube, dass es halt hier in Deutschland sogar noch gut ist.

00:54:11: Ich glaube, in den USA und so ist es noch schlimmer.

00:54:14: Ja.

00:54:15: Sie bekommen jetzt 563 Euro für alles, außer Miete.

00:54:18: Also für Essen, wie viele Titel ...

00:54:21: Und das ist auch so dumm, weil sie will ja nicht mal vom Staat

00:54:24: finanziert werden, sie will sich ja selber finanzieren.

00:54:27: Und darf einfach noch nicht, das ist auch so dieses Narrativ-Junge.

00:54:30: Das machen die doch mit Absicht, das machen die doch,

00:54:33: damit der Staat irgendwas ausgibt, damit die sagen können,

00:54:36: die Ausländer sind schuld. - Ja, ja.

00:54:38: Ich hab das wirklich das Gefühl, sie können mich noch nicht verarschen,

00:54:42: dass dann so dumme Sachen passieren und dass man sagt,

00:54:44: nee, das ist ja alles nur hier, weil wir das alles gut meinen.

00:54:47: Genau.

00:54:49: Nee, ist ... - Ach, voll schön.

00:54:51: Da werden wir auch gleich ... - Und dann hier auf RTL 2 wieder,

00:54:55: die dumm, die zum Blödsinn und Bürgerwelt gelben ziehen.

00:54:58: Die dumm hat vier Empfänger und so, ja, das ist so dumm.

00:55:01: Ja, wie viele von denen dürfen denn eigentlich überhaupt arbeiten?

00:55:04: Voll viele nicht. Voll viele Tatsache nicht.

00:55:07: Halt Arbeitsverbot.

00:55:08: Junge.

00:55:10: Sie geht jetzt aber erst mal zum Trausenseiter,

00:55:13: das ist nämlich eine Zeitschrift, die von Menschen verkauft wird,

00:55:16: die in präkrierenden Lebenslagen sind, also so wie sie selbst.

00:55:20: Und sie ließ sich diese Zeitschrift durch

00:55:22: und sie ist so, hier fehlt ein Thema.

00:55:24: Deswegen beschließt sie jetzt, dass sie mal einfach zu der Versammlung

00:55:28: von denen geht, also die offene Presseversammlung,

00:55:30: oder ich weiß gar nicht, eine Redaktionssitzung heißt das,

00:55:34: und sie geht da hin und ist so, hey, Leute, ich find's voll cool,

00:55:37: wenn wir mal über Frauen und Obdachlosigkeit schreiben würden

00:55:40: und dann sind sie so, ja, dann mach mal.

00:55:42: Und sie ist aber so, Moment, ich hab noch nie irgendwie irgendwas geschrieben,

00:55:47: aber sie macht es dann doch und dann veröffentlicht sie auch

00:55:51: seitdem regelmäßig halt in dieser Zeitschrift,

00:55:54: was für sie schon mega erfüllend ist.

00:55:56: Sie stolpert dann irgendwann über ein Ausbildungsangebot

00:55:59: als Genesungsbegleiterin.

00:56:01: Und da ist sie jetzt halt erst mal, also sie zögert jetzt erst mal,

00:56:04: weil sie ist so, boah, ich bin irgendwie schon so alt,

00:56:07: ich glaube, sie ist da auf jeden Fall weit über 50

00:56:10: und sie müsste auch die Ausbildung selbst bezahlen und so,

00:56:14: und sie weiß halt einfach nicht wovon.

00:56:16: Und sie entschließt sich dann aber doch das zu machen.

00:56:19: Und ich hab jetzt so einen kleinen Lebensabschnitt von ihr noch ausgelassen,

00:56:22: nämlich was sie nämlich auch macht nach ihrer Obdachlosigkeit,

00:56:26: ist eine Selbsthilfegruppe für Frauen, also Obdachlose Frauen zu gründen,

00:56:29: die sich, glaube ich, entweder einmal die Woche

00:56:32: oder einmal alle zwei Wochen treffen,

00:56:34: wo für sie auch ganz klar war, das muss ganz anders sein

00:56:36: als die Notunterkünften, wo halt immer nur man quasi gehorchen muss

00:56:41: und eigentlich auch nicht frei ist, sondern die Frauen müssen kommen wollen,

00:56:44: die müssen sich, die müssen essen können,

00:56:46: die müssen Kaffee kriegen können, die müssen was zu trinken können

00:56:49: und die müssen sie selbst sein dürfen.

00:56:51: Es gab dann schon so ein paar Regeln, aber das war so quasi das Grundkonzept.

00:56:55: Und das war halt ... - Ja, grünen wir uns nicht oder so.

00:56:58: Ja, genau, also wir sind respektvoll miteinander und so.

00:57:00: Und ich glaube, da ist sie ihrem Traum schon so ein bisschen näher gekommen,

00:57:04: dass sie jetzt endlich eine Veränderung will.

00:57:06: Und als Genesungsbegleiterin kommt sie dem noch näher.

00:57:09: Sie beschließt jetzt nämlich das zu machen.

00:57:12: Und sie geht jetzt da zu einem Bewerbungsgespräch

00:57:14: und die sagen, sie wollen unbedingt Experten aus Erfahrung.

00:57:18: Und dann setzt sich Linda hin und erzählt halt,

00:57:20: warum sie eine Expertin aus Erfahrung ist.

00:57:23: Und das ist sie ja ganz offensichtlich.

00:57:25: Sie bekommt jetzt auch die Ausbildungsstelle

00:57:28: und wird jetzt vom Landschaftsverband Rheinland, dem LVR, unterstützt,

00:57:34: die ihr die Ausbildung dann zahlen.

00:57:36: Zum Glück, weil sonst könnte sie das gar nicht machen.

00:57:38: Eine Genesungsbegleiterin, als Info, das ist so eine Schnittstelle

00:57:42: zwischen Patient, würde man sagen, Arzt, Angehörigen und Ämtern.

00:57:46: Also sie begleitet dann eben einfach optochlose Personen

00:57:49: durch diese ganzen Sachen, informiert sich welche Rechte haben die,

00:57:52: wo kann ich, wie ansetzen und so weiter.

00:57:55: 2014 verwirkte ich Linda dann endlich ihren ganz großen Traum

00:58:01: und gründet sogar eine Initiative,

00:58:02: nämlich die Initiative HIK, Heimatlos in Köln,

00:58:05: mit der sie besonders eben auch optochlosen Frauen

00:58:08: eine Perspektive und echte Begleitung

00:58:10: durch die schwere Zeit geben möchte.

00:58:12: Und an der Stelle geht ihr am besten alle einmal unsere Show-Notes

00:58:16: und spendet für diese Initiative und für Linda.

00:58:20: Denn das könnt ihr machen, ihr könnt auch Mitglied werden

00:58:22: oder halt eben an das Beiträge machen.

00:58:25: Also ihr müsst wirklich nur auf die Startseite gehen

00:58:27: und dann wird euch das alles angezeigt.

00:58:29: Oder wenn euch jetzt auch so der Mut fasst oder die Empathie

00:58:33: und die Menschlichkeit, dann könnt ihr euch auch informieren,

00:58:36: was es bei euch in der Heimatstadt so für Initiativen gibt,

00:58:40: die ihr unterstützen könnt, um optochlosen zu helfen.

00:58:43: Aber wie würdest du da differenzieren?

00:58:46: Weil ich glaube, es ist ja schon wichtig,

00:58:48: dass die Initiativen zum Beispiel eben von ehemals oder von Betroffenen.

00:58:51: Also so. - Ja, ja, auf jeden Fall.

00:58:53: Weil ich glaube, es ist halt schon, da muss man schon gucken.

00:58:55: Ihr solltet euch schon informieren, was das für Initiativen,

00:58:58: wer steht dahinter.

00:58:59: Ich glaube, am coolsten ist es natürlich immer,

00:59:03: selbst sich einzusetzen, also selbst zu gucken,

00:59:06: wenn man die Ressourcen hat natürlich, keine Ahnung,

00:59:09: kann ich bei der Tafel helfen, kann ich da Sachspenden und so weiter?

00:59:13: Und so weiter, es gibt ja alles. - Kann ich einer Person anbieten,

00:59:16: bei mir zu duschen oder so? - Bei mir zu duschen.

00:59:18: Was tatsächlich mir eine Followerin geschrieben hat,

00:59:20: was sie regelmäßig macht und womit sie auch immer positive Erfahrungen

00:59:23: gemacht hat, so.

00:59:24: Und am besten erinnert euch daran,

00:59:26: dass die Menschen nur Menschen sind.

00:59:28: Und ihr seid selber auch nur einen Schritt davon entfernt.

00:59:32: Das ist halt wirklich bei den meisten so.

00:59:33: Es kann halt wirklich jeden passieren. - Muss nur in die Natur

00:59:35: Katastrophe kommen.

00:59:36: Also behandelt ihr halt so, wie ihr selber behandelt werden wollen

00:59:39: würden, Punkt.

00:59:40: Das ist kein Spielraum.

00:59:42: So.

00:59:43: Voll.

00:59:44: So, wir sind jetzt bei einem nächsten Abschnitt, wo ich so,

00:59:49: das habe ich jetzt mehr so in so Überthemen aufgegliedert.

00:59:53: Also da geht es jetzt teilweise auch um Linder,

00:59:55: aber teilweise auch um so das Leben.

00:59:57: Als abdachlose Person.

00:59:58: Und ich würde jetzt anfangen mit Alltag, weil es wird ja immer gesagt,

01:00:01: ihr arbeitet ja nicht, was macht ihr denn die ganze Zeit?

01:00:03: Und sie hat das so ein bisschen beschrieben.

01:00:06: Und zwar muss man morgens erst mal eigentlich die Klamotten

01:00:09: und die Habseligkeiten irgendwo verstauen,

01:00:11: wo sie möglichst nicht geglaut werden,

01:00:13: wo du sie aber auch nicht mit dir rumtragen kannst.

01:00:16: Also ihre Aussage war so ein bisschen so,

01:00:18: das machen zwar viele, aber die meisten sagen sich so,

01:00:21: so weit unten bin ich noch nicht,

01:00:23: dass ich meine Sachen die ganze Zeit mitschleppe.

01:00:25: Deswegen will man sie verstauen, wo es auch möglichst trocken ist.

01:00:28: Dann muss man ...

01:00:29: Also hat sie Beispiele genannt, wo man das verstauen kann?

01:00:32: Nee, sie sagt einfach, du musst da irgendwas finden.

01:00:35: Eigentlich findest du fast gar nichts, weil du hast ja kein Geld

01:00:37: für einen Schloss oder also für so ein Schließfach oder so.

01:00:40: Also das ist aber dann so eine Abstufe quasi.

01:00:42: Also die Obdachlosen, die ihre Sachen mittragen,

01:00:44: das sind schon die, die weiter unten stehen.

01:00:46: Also ich finde das so krass, dass sie so in die Rechien aufhauen.

01:00:49: Ja, oder halt quasi die, also sie ...

01:00:51: So weit unten bist du noch gar nicht so im Sinne von,

01:00:53: die stehen weiter unten, sondern im Sinne von,

01:00:56: die haben eigentlich die Hoffnung schon aufgegeben,

01:00:58: dass die da rauskommen. - Ja, aber das ist ja ...

01:01:00: Aber trotzdem ist es eine Hierarchisierung.

01:01:02: Also ich kritisiere damit nicht ihre Aussage,

01:01:04: sondern dass das krass finde. - Nee, voll voll voll.

01:01:06: Als nächstes ...

01:01:08: Du kannst dich ja mal fragen, was ist denn morgens?

01:01:10: Was macht ... - Toilette?

01:01:12: Genau, ich persönlich gehe erst mal aufs Klo.

01:01:14: Ja, mach das mal, wenn du kein Klo hast.

01:01:16: Also müssen die erst mal einen Klo finden.

01:01:18: Es gibt fast keine öffentlichen Toiletten.

01:01:21: Es gibt auch ein paar Cafés, die Bettler reinlassen,

01:01:23: wo sie aber sagt, du kannst aber nicht jeden Tag aufkreuzen,

01:01:25: weil irgendwann ist die Menschlichkeit erländen.

01:01:27: Wir hatten bei uns oft Obdachlose in der Universität so.

01:01:29: Ja, das kommt dann halt wieder auf die Stadt an,

01:01:32: oder wo du auch bist, ne?

01:01:34: Viele betteln dann auch, um einfach Geld für den Klo

01:01:36: oder für ein öffentliches Bad zu haben,

01:01:38: auch wenn es die halt nur sehr selten gibt.

01:01:40: Also da musst du irgendwie schon wissen, wo du hin musst.

01:01:42: Dann Körperhykiene, genau dasselbe.

01:01:44: Einmal ist Linda zum Beispiel in einen Café gegangen

01:01:48: und hat dann quasi so ein bisschen geschaut,

01:01:50: dass fast niemand im Bad ist.

01:01:52: Und hat dann so ein bisschen versucht, sich zu waschen.

01:01:54: Dort im Waschzimmer oder halt im Klo.

01:01:58: Also nicht im Klo, sondern ... - Ja, beim Waschbecken.

01:02:00: Beim Waschbecken vor dem Klo.

01:02:02: Und eine Kundin beschwert sich dann über sie.

01:02:04: Und dann wird Linda halt aus dem Café gerorfen.

01:02:08: Und sie ist aber dann halt auch so, was hätte ich denn machen sollen?

01:02:11: Weil Hykiene ist wichtig, nicht zuletzt einfach damit ich nicht sterbe

01:02:14: an irgendwelchen Entzündungen, an irgendwelchen Milben oder so.

01:02:18: Und sie sagt halt auch, wenn du halt aufhörst,

01:02:21: auf deine Hykiene zu achten, dann ist es eigentlich auch ein ziemlich

01:02:24: sicherer Schein dazu, dass du halt auch auf der Straße bleiben wirst.

01:02:27: Also ... - Ja, weil du ja dann auch noch schlechter daraus kommst.

01:02:30: Ja, und weil die Leute dich auch als Abdachlose erkennen.

01:02:33: Dann geht's wieder zum Betteln,

01:02:35: was fürs Frühstück zu haben.

01:02:37: Du hast ja eigentlich am allerseltendsten Geld.

01:02:40: Manchmal bekommst du innerhalb von einer Stunde genug Geld.

01:02:43: Oft aber auch nicht.

01:02:46: Und oft ist es so, dass dann irgendwelche Männer auch zu dir kommen.

01:02:50: Also, vor allem, wenn du halt als Frau bettelsst, die halt dann sagen,

01:02:53: komm halt mit hier, kriegst du 20 Euro.

01:02:56: Wo sie halt dann natürlich immer nein gesagt hat.

01:02:59: Oder verpiss dich oder so.

01:03:01: Und sie sagt dann aber auch, wenn die dich dann schlagen wollen,

01:03:04: dann musst du dir was einfallen lassen.

01:03:06: Also, dann wirst du halt verprügelt.

01:03:08: Ist das nicht in der Öffentlichkeit?

01:03:11: Ist in der Öffentlichkeit, die wollen sie trotzdem manchmal schlagen?

01:03:14: Ja, krass.

01:03:16: Ist halt gesellschaftlich akzeptiert,

01:03:19: wie gesagt, geschieben uns für die falschen Dinge?

01:03:22: Ja, voll.

01:03:24: Denn der erzählt auch, wie sie einmal, sie hatte halt Durst,

01:03:27: dann hat sie aus einem öffentlichen Brunnen getrunken.

01:03:30: Dann war sie auch so nie wieder.

01:03:32: Sie hatte halt dann drei Tage lang Durchfall.

01:03:34: Und musste sich übergeben und so.

01:03:36: Und auch da mag ich mir gar nicht vorstellen, wie es ist,

01:03:40: wenn du keine Toilette hast, wenn du keine Privatsphäre hast.

01:03:43: Ja, genau, kein Zugang zu Wasser.

01:03:45: Also, pfff.

01:03:47: Das ist so der Alltag.

01:03:49: Und das ist ja jetzt nur der Morgen.

01:03:51: Da bist du aber schon, da ist dann schon Nachmittag,

01:03:54: wenn das alles rum ist.

01:03:56: Dann zweites Überthema sind sogenannte männliche Helfer.

01:03:59: Die sind so ein bisschen darauf spezialisiert,

01:04:03: würde ich sagen, obdachlose Frauen zu finden,

01:04:05: die aber nicht obdachlos aussehen.

01:04:07: Wir haben ja schon über das Klischee der obdachlosen Personen gesprochen.

01:04:11: Das ist eine sehr wichtige.

01:04:13: Die duschen dann eben in Freibädern.

01:04:15: Und bei diesen männlichen Helfern ist es so,

01:04:18: dass sie nämlich erst mal so Kleidung versprechen,

01:04:21: dann ein freies Zimmer.

01:04:24: Und am Ende wollen sie aber eben eine Gefährte.

01:04:27: Und wenn sie das nicht will, dann ist das Zimmer weg.

01:04:30: Und die Klamotten sind halt dann schon an die nächste verschenkt.

01:04:34: Das habe ich ja auch gerade schon gesagt.

01:04:36: Das ist halt allgemein sehr häufig,

01:04:38: dass Männer auch einfach so quasi auffordern,

01:04:41: dass sie irgendwelche sexuellen Handlungen machen.

01:04:44: Ich finde das so krass, weil ich kann mal vorstellen,

01:04:47: dass Männer, die sich einsam fühlen, blablabla,

01:04:50: dass wenn die wirklich aufrichtig nett sind,

01:04:52: und aufrechtig empathisch und aufrichtig mitgefühlt haben,

01:04:55: und es ihnen nicht darum geht, irgendwie eine Gefährtin zu bekommen,

01:04:59: dass die, wenn die dann, die zu sich nach Hause auch einladen,

01:05:02: sich daraus eine Freundschaft entwickeln,

01:05:04: da würde dann auch am Ende wirklich was draussen entwickeln.

01:05:07: Aber es wäre aufrichtig gewesen.

01:05:10: Sich ein Millimeter in die Perspektive

01:05:12: von anderen Personen hineinzuversetzen, das ist so schlimm.

01:05:15: Also, das ist ja nicht nur für die Frauen schlimm,

01:05:19: das ist ja auch für die Männer so, das muss ja so dumm sein.

01:05:22: Wenn man die ganze Zeit das quillt, ich bin ein Opfer,

01:05:25: aber eigentlich ist man einfach nur blöd.

01:05:27: Ja, ist wirklich immer nur blöd.

01:05:30: Ich habe da jetzt einfach keine anderen Worte für das.

01:05:33: Es ist einfach emotional verblödet.

01:05:35: Ja, also einfach komplett nicht entwickelt einfach.

01:05:38: So, dann gibt es das große Überkapitel betreutes Wohnen

01:05:42: oder auch Notunterkünfte.

01:05:44: Zum Beispiel eben auch vom SKF, also Sozialdienst katholischer Frauen,

01:05:47: da habe ich es ausgeschrieben.

01:05:49: Und das Ding ist halt in diesen Unterkünften,

01:05:53: da musst du unbedingt mit diesen anderen Frauen

01:05:56: und den Betreuerinnen klarkommen,

01:05:58: weil sonst wirst du rausgeschmissen.

01:06:00: Also, das ist so schon mal die Grundregel.

01:06:02: Also, man sollte jetzt erst mal meinen,

01:06:04: ja, fair, irgendwie, man sollte wirklich miteinander klarkommen,

01:06:08: aber tatsächlich ist es sehr schwierig,

01:06:10: weil da Frauen auch wirklich Angst im Raum zusammenkommen,

01:06:13: die alle mit ganz, ganz schweren und schlimmen Schicksalen zu kämpfen haben,

01:06:16: und da entstehen einfach zwangsläufig Spannungen.

01:06:20: Und eigentlich sollte man halt meinen, okay, wir brauchen eigentlich

01:06:23: hier ein Umfeld, wo wir ganz genau wissen,

01:06:25: wie wir mit Spannungen umgehen müssen,

01:06:27: und zwar auf der Expertenseite, aber was halt dann eigentlich passiert ist,

01:06:30: dass sie einfach rausgeworfen werden.

01:06:33: So, jetzt ist aber die Frage.

01:06:35: Also, das läuft so, du bekommst eine Abmeinung,

01:06:38: und bei der zweiten Abmeinung bist du raus.

01:06:40: Linda hat eine Frau kennengelernt,

01:06:42: die erhielt ihre erste Abmeinung.

01:06:45: Was könntest du dir vorstellen,

01:06:47: was könnten Gründe für so eine Abmeinung sein?

01:06:50: Fert ihr gar nicht sein?

01:06:53: Ja, weil du das schon so fragst, ist das dann nicht irgendwie andere Schlagen,

01:06:58: sondern so was zu sagen wie ...

01:07:00: Ja, also, diese Frau möchte sich nämlich wieder mit ihrem Ex treffen

01:07:04: und eine Mitarbeiterin, die hat was dagegen.

01:07:07: Und deswegen kriegt sie ihre erste Abmeinung.

01:07:10: Macht. Es geht immer nur macht.

01:07:12: Und später beschwert sich dann dieselbe Frau darüber,

01:07:15: dass diese Unterkünfte so unfassbar dreckig sind.

01:07:18: Also, die hat sich über den Dreck beschwert,

01:07:20: und da hat sie dann ihre zweite Abmeinung und den Rausschmiss kassiert.

01:07:24: Also, so läuft das ab.

01:07:27: So.

01:07:29: Deswegen guckt, wen ihr unterstützt.

01:07:31: Dann das nächste Überthema.

01:07:33: Wir hatten sehr schön von männlichen Helfern.

01:07:36: Es gibt es natürlich auch in ...

01:07:38: professionell, und das sind Zuhälter.

01:07:40: Die suchen sich Frauen, die obdachlos sind,

01:07:42: aber eben wie normalus aussehen.

01:07:45: Die machen sie dann abhängig von Drogen

01:07:47: und schicken sie dann auf den Strich.

01:07:49: Ja, ich glaub, das ist nämlich so ein ganz krasser Punkt,

01:07:52: dass halt, dass du ...

01:07:54: Also, sobald du einfach anfängst, und das passiert,

01:07:57: glaube ich, super schnell, dass man dann doch irgendwie Drogen nimmt

01:08:00: und sobald du halt in der Abhängigkeit bist,

01:08:02: dann ist es einfach vorbei, sei es Algo, sei es Drogen,

01:08:06: dann kommst du dann nicht mehr aus.

01:08:08: Viele landen ja aber auch wegen Abhängigkeiten auf der Straße.

01:08:11: Ja, voll.

01:08:13: Aber sei es auch nur so, dass du irgendwie mit dem Mann mitgehst,

01:08:16: also, kannst du ja auch einfach irgendeine Tablette in deinem Wassermaschinen.

01:08:20: Kann ja auch eine Spritze rein, ja.

01:08:22: Das machen die ja auch, das funktioniert das ja auch.

01:08:24: Voll ist so.

01:08:26: Das nächste habe ich "Plate" genannt.

01:08:28: Das ist so ein Begriff von Obdachlosen für Obdachlosigkeit,

01:08:31: also die Leben auf Platte, so.

01:08:33: Es gibt auch, das fand ich irgendwie ganz interessant,

01:08:36: es gibt das sogenannte "Platten-Telefon".

01:08:38: Also, da, wenn du Obdachlos bist,

01:08:40: dann weißt du eigentlich, wer macht Platte oder das Platten-Telefon,

01:08:43: und wenn du halt eine Information weitergeben willst,

01:08:45: das hat zum Beispiel Linda auch gemacht bei dieser Hilfekruppe für Frauen,

01:08:49: hat sie halt den Leuten gesagt, ja, an dem und dem Tag, der und der Ort,

01:08:53: Frauen, die Obdachlos sind, die können kommen.

01:08:56: Es gibt Essen und Kaffee.

01:08:58: Und dann wird das weitergesagt und innerhalb von ein paar Minuten,

01:09:01: Stunden wissen es halt alle.

01:09:03: Also, so ist quasi das nett der Obdachlosen.

01:09:06: Also doch auch irgendwie eine Kooperation.

01:09:08: Auf jeden Fall auch Kooperation, die müssen ja auch zusammenhalten.

01:09:11: Das Ding ist halt, die müssen zusammenhalten,

01:09:13: gleichzeitig ist es ganz, ganz rau, weil die halt,

01:09:15: das beschreibt Linda ja auch selber, sie geht ja auch in diese,

01:09:18: und ganz ehrlich, ich glaube, viel davon ist auch Scham.

01:09:21: Weil du gehst da in diese Kaffees rein und willst mit niemandem reden,

01:09:24: weil du schämst dich einfach dafür, dass du es musst.

01:09:27: Ich glaube, dass es wirklich viel Scham auch gibt.

01:09:29: Du wirst ja auch beschämt. - Ja, voll.

01:09:31: Man könnte ja auch einfach empathisch reagieren.

01:09:33: Also, wenn ihr in einem Kaffee arbeitet, so reagiert empathisch mit den Leuten,

01:09:36: bietet das den vielleicht sogar an.

01:09:38: Auch allgemein, ja. - Wenn jemand vor euch sitzt,

01:09:41: vor dem Kaffee bettelt, so bietet den doch an,

01:09:43: komm rein, ich geb den Kaffee aus.

01:09:45: Oder komm rein, möchtest du dich sauber machen,

01:09:47: ich mach das ab, ich sag, dass es kaputt ist oder keine Ahnung.

01:09:50: So könnte man ja wirklich einfach machen,

01:09:52: die Menschen, einfach wie Menschen behandeln, die Perspektive wechseln,

01:09:55: und das ist ja voll.

01:09:57: Das sagt auch Linda Rennings,

01:09:59: es gibt quasi Stadtregeln in Köln,

01:10:02: und da sind so ein paar Paragrafen darüber zum Betteln,

01:10:05: und alle sind halt negativ.

01:10:07: Digger, ich will das gar nicht wissen, ich bin so wütend.

01:10:09: Es gibt so viele Regeln, die einfach so komplett dumm sind.

01:10:11: Ja, es ist auch dumm.

01:10:13: Aber sie sagt halt, was halt voll wichtig wäre,

01:10:15: wäre halt einfach mein positives Framing.

01:10:17: Also, das, was du auch sagst, einfach mal zu sagen,

01:10:20: geht respektvoll mit Menschen um die Betteln.

01:10:23: Und das als Stadtregeln so.

01:10:25: Und wenn das unser Narrativ ist, die Menschen sind dumm,

01:10:28: die haben keine Partie, die sind aggressiv.

01:10:31: Und das ist halt der Abschaum so.

01:10:34: Voll ist so.

01:10:36: Und in Deutschland muss niemand obdachlos sein.

01:10:38: Bist du dann in Rente gehst und merkst, Scheiße,

01:10:41: Altersarmut, jetzt bin ich obdachlos.

01:10:43: Ja, ist so.

01:10:45: Viele junge Mädchen fliehen auch mit 14 oder 15 aus dem Heim,

01:10:49: um endlich frei zu sein.

01:10:51: Und dann finden sie auch endlich Anschluss in einer Gruppe,

01:10:54: also das hat jetzt in der Platte genannt.

01:10:56: Niemand weiß so ganz genau, wo die Gruppe Platte macht,

01:10:59: also quasi lebt.

01:11:01: Und die Zugänge sind sehr streng.

01:11:04: Also, wenn du zum Beispiel rein willst,

01:11:06: dann musst du erst mal von jemandem vorgestagen

01:11:08: und dann quasi ... - Ach so, warte mal,

01:11:10: es gibt tatsächlich so richtige Netzwerke sozusagen.

01:11:12: Ja, und auch so richtige Gruppen, wo du dann wohnst.

01:11:14: Das Problem an diesen Gruppen ist,

01:11:16: es dauert nicht lange, bis dann die ersten Übergriffe anfangen.

01:11:20: Also, die sind auch durch ... - Innerhalb der Gruppe?

01:11:23: Also, vor allem quasi die jungen Mädchen werden da halt so angeworben,

01:11:26: also so 14, 15-jährige Mädchen.

01:11:28: Und dann fängt halt der erste Missbrauch oder halt auch

01:11:31: sexuelle Gewalt an.

01:11:33: Und das halt in der Gruppe, die auch eigentlich Familie geworden ist, ne?

01:11:37: Also, das kannst du dir eigentlich nicht vorstellen.

01:11:40: Wobei das ja ...

01:11:42: ist ja in allen Gesellschaftsschichten so,

01:11:44: dass der Missbrauch in der Familie stattfindet.

01:11:50: Keiner von denen geht wegen sexueller Gewalt zur Polizei.

01:11:53: Dafür sitzt auch das Missbrauch gegen die Polizei zu tief.

01:11:56: Logisch, die würden halt ... - Die würden nicht ernst genommen werden.

01:12:00: Oder die, die sich auch so denken würden, ja,

01:12:02: muss sie sich ja nicht wundern.

01:12:04: Also, ich stelle das nicht in Frage,

01:12:06: dass es auch welche gibt, die sich dann denken,

01:12:08: na ja, dann kann ich ja mal meine Macht ausnutzen.

01:12:10: Ich bin gerade mit der Wedel alleine.

01:12:13: Ja, voll, ist so.

01:12:15: Also, ich würde sagen, es sind nicht alle überkapiert,

01:12:18: dass es gibt schon mal so ein ganz großes Bild von Obdachlosigkeit.

01:12:22: Und jetzt habe ich auch ein Bild für dich dabei,

01:12:25: das du einfach mal beschreiben kannst.

01:12:27: Das ist jetzt nämlich der Ort, in dem Linda oft auch sitzt,

01:12:30: oft auch arbeitet, oft ihre Obdachlosen betreut.

01:12:32: Sie hat jetzt ja ihre eigene Initiative.

01:12:35: Also, das ist wahrscheinlich in Köln irgendein Platz.

01:12:38: Ich kenne mich in Köln überhaupt nicht aus Kreisspark ...

01:12:41: Wie bitte? - Wiener Platz.

01:12:43: Kreissparkasse.

01:12:45: Man sieht da ganz viele Menschen, die da einfach sitzen,

01:12:48: und sie haben einen U-Bahnhof.

01:12:50: Und ja, was soll ich noch beschreiben?

01:12:52: Ja, also, vielleicht, dass es einfach komplett aus Ther ist.

01:12:56: Weil irgendwie im Boot habe ich es mir immer wie so ein Park

01:12:59: mit Wiese-Volkstärk, was halt aus Ther.

01:13:01: So, was könnte denn jetzt, also, wenn du jetzt auch an die letzten Jahre denkst,

01:13:05: was könnte noch mal so richtig reingibballert haben

01:13:11: bei Obdachlosenmenschen?

01:13:13: Die letzten Jahre, also, in welchem Jahre ...

01:13:17: In den letzten fünf Jahren?

01:13:19: Ziemlich genau vor fünf Jahren.

01:13:21: Na ja, Corona. - Corona.

01:13:23: Am 22. März 2020 wurden Einschränkungen umgesetzt,

01:13:27: die die ganze Bevölkerung betreffen sollte.

01:13:30: Es gab Kontaktverbote, Schul- und Gebäudeschließungen.

01:13:33: Cafés machten dicht, genauso wie Schwimmbäder.

01:13:37: Als Linda an dem Tag zum Wiener Platz geht, ist er leer.

01:13:40: Nur die Obdachlosen befinden sich noch dort.

01:13:43: Eine fragt Linda, ob Krieg ausgebrochen war.

01:13:46: Kass, die kriegen das ja auch gar nicht mit, ne?

01:13:49: An dem Tag laufen außerdem tausende Obdachlosemenschen

01:13:52: wie gewohnt zu den Tafeln im ganzen Land.

01:13:55: Und die sind auch zu? - Sie warten dort eine Stunde.

01:13:58: Das kann doch nicht wahr sein, dass sie die zumachen.

01:14:01: Die haben die Tafeln zugemacht. - Drei Stunden.

01:14:04: Doch die Tafeln waren zu.

01:14:06: Auch die nächsten Tage.

01:14:08: Nicht nur Obdachlose, sondern auch Ränder*innen

01:14:11: oder von Armut betroffenen Menschen wissen nicht,

01:14:14: wie sie überleben sollen.

01:14:16: Das kann doch nicht systemrelevant.

01:14:18: Ja, ja, ja, bla, bla, bla.

01:14:20: Nur die systemrelevanten waren ja noch offen.

01:14:23: Die Tafel ist ja ein Versammlungsort.

01:14:25: Das kann nicht wahr sein, Junge.

01:14:27: Haben das auch nicht mitgekriegt? - Ja, niemand hat darüber gesprochen.

01:14:31: Hat niemanden gejuckt?

01:14:33: Hat niemanden gejuckt, würde ich nicht sagen.

01:14:36: Es wurde gesagt, das ist systemrelevant.

01:14:38: Wenn ich das mitbekomme, hätte mich das gejuckt.

01:14:41: Dann hätten wir nicht darüber gesprochen.

01:14:44: Wir machen zu, mir egal.

01:14:46: Es wurde gesagt, systemrelevant bleibt offen.

01:14:48: Das ist doch systemrelevant, kann mir keiner erzählen.

01:14:51: Kannst du auch nicht.

01:14:53: Ist ja kein Café. - Ja, eben.

01:14:55: Sorry, aber ...

01:14:58: Linda geht jetzt direkt mit ihrer Initiative los.

01:15:01: Unsere mit Lebensmittel spenden und Tükienartikel

01:15:04: und Wasserbeinkaufsläden.

01:15:06: Die versuchen alles, um nicht mit leeren Händen

01:15:08: am nächsten Tag am Wiener Platz aufzukreuzen.

01:15:11: Ich war die komplette Aktion, theoretisch illegal.

01:15:14: Es war einfach verboten, weil die dann auch ...

01:15:17: Die haben so Bankie und so was aufgestellt, aber so "Fuck off".

01:15:20: Natürlich machst du das so.

01:15:22: Scheiß doch mal aufrecht, vor allem in dem Fall.

01:15:25: Das ist nur Regeln, an die wir glauben.

01:15:27: Genauso wie das Homosexualität verboten und keine Ahnung.

01:15:30: Was ist alles, einfach nur dumm? Nee.

01:15:33: Sorry, aber nee. - Vor allem gleich ist recht für alle.

01:15:36: Das stimmt ja auch nicht. Es ist einfach Bullshit.

01:15:39: Das kasset mich richtig an.

01:15:41: Du wirst dich die nächsten Minuten ein bisschen zusammenreißen.

01:15:44: Ich fange bestimmt an zu heulen. - Es wird immer schlimmer.

01:15:48: Einmal kommt nämlich ein alter Mann auch zu ihr.

01:15:50: Der weint einfach, weil er so viel Hunger hat.

01:15:53: Er ist einfach so erleichtert, dass er jetzt eine Suppe oder Spaghetti bekommt.

01:15:57: Auch warmes Essen ist für obdachlose Menschen.

01:16:00: Die kriegen das ja nie, weil du hast ja nicht mal zufällig ein Herdkocher.

01:16:04: Ja, kauft obdachlose nicht so einen billigen Brezel für 50 Cent,

01:16:08: sondern hat man was Wichtigeres. - Das war bis zum Essen.

01:16:11: Das war nur ein alter, armer Mann.

01:16:13: Der war noch nicht mal als obdachlos,

01:16:15: der hat sich aber eigentlich von der Tafel ernährt

01:16:18: und hat sich eben auch, also hat auch gebettelt oder Flaschen gesammelt.

01:16:22: Die können dann auch eine Sanitäterin für sich, also für ihren Stand, gewinnen.

01:16:27: Und an der Stelle jetzt wird es gleich wirklich ganz, ganz eklig.

01:16:31: Die obdachlosen kommen nämlich mit ganz, ganz schlimmen,

01:16:35: gesundheitlichen Zuständen zu denen.

01:16:37: Und manche haben sogar Maden in ihren Wunden.

01:16:40: Es ist so schön, ist es einfach. - Ja, das passiert ganz viel.

01:16:43: Jetzt habe ich auch gesehen, tatsächlich bei uns vom Rewe.

01:16:46: Früher in unserer alten Stadt, da war auch immer ein obdachloser Mann.

01:16:51: Und der war so alt wie ich. Der war noch ganz jung.

01:16:54: Und der hatte seinen Bein immer in einem Verband.

01:16:57: Ja, und es passiert schnell, wenn es auch nicht sauber ist.

01:17:00: Das war aber auch nicht gewächselt.

01:17:02: Die beiden Fussen sind komplett abgefauert. - Abgefauert.

01:17:05: Ja.

01:17:06: Mann, ey, der Arme.

01:17:09: Die waren auch tatsächlich sogar die einzigen Helfer in Bühleheim.

01:17:13: Niemand hat über obdachlose Menschen nachgedacht.

01:17:16: Nicht mal die imiziativen.

01:17:17: Aber auch die ganze Zeit zu Hause, das kriegt man es auch gar nicht mit.

01:17:21: Nee, jeder noch. - Das ist ja das nächste.

01:17:23: Das ist ja wirklich nicht so, dass der Mann auch kollektiv weggeschaut hat,

01:17:27: sondern ...

01:17:28: Es gab genug Leute, die das wussten, unter einem ...

01:17:32: das Ordnungsamt. - Ja.

01:17:33: Und das war's.

01:17:35: Aber das sind halt wieder die Polizisten.

01:17:37: Mali ist wirklich ...

01:17:39: Also, irgendwann wurden jetzt Strafen für obdachlose hängt.

01:17:42: Meinst du, dass das Ordnungsamt quasi, dass die noch frustrierter sind,

01:17:46: weil die eben die schlechteren Polizisten sind,

01:17:48: und deshalb halt noch mehr Skyl finden macht aus?

01:17:51: Ich hab das Gefühl, es sind einfach immer komplette ...

01:17:54: Es gibt natürlich so einzelne Leute.

01:17:56: Es beschreibt Linda auch so, diese ganzen Polizisten,

01:17:59: die da irgendwelche Ratien bei den Obdachlosen machen,

01:18:02: das sind einfach so oft Arschlöcher.

01:18:04: Und natürlich gibt's mal so eine Person, die es nicht ist,

01:18:07: aber meistens ist es ein Arschloch.

01:18:09: Warum fragen wir dann einfach die Institution nicht?

01:18:12: Ich mein, das ist wirklich ernst. - Ja.

01:18:14: So, Mali, jetzt ...

01:18:15: hat man nämlich gesagt, gleich ist recht für alle.

01:18:18: Und die Idee war jetzt, dass man sagt,

01:18:21: die Schlafplätze von Obdachlosen,

01:18:23: das sind wie die eigenen vier Wände,

01:18:26: die sind die Schlafplätze, die dürfen auch nicht verlassen werden.

01:18:30: Und mach das mal, wenn du weder ne Toilette, noch ne Küche,

01:18:34: noch sonst was hast, dann hast du halt Pech gehabt.

01:18:37: Und manche verlassen natürlich ihre Schlafplätze trotzdem ab und zu,

01:18:41: weil sie zum Beispiel sich auch Alkohol besorgen müssen,

01:18:44: weil viele sind auch abhängig oder essen,

01:18:46: oder weil sie sich bewegen oder aufs Toilette müssen.

01:18:49: Allein schon kriegst du wahrscheinlich Traumose,

01:18:51: wenn du die ganzen Zeit rumhawkst.

01:18:54: Einmal kommt Hermann auf Linder zu.

01:18:56: Er erzählt, wie die Polizei ihn schon dreimal erwischt hat,

01:18:59: als er nicht aus seinem Schlafplatz saß.

01:19:01: Er hat einmal Kippen gekauft,

01:19:04: doch die Polizisten fanden, dass das kein zulässiger Einkauf war

01:19:08: und verhängt ihn in einem Bußgeld in Höhe von 200 Euro.

01:19:12: Als er später dann ohne Maske quasi gefunden wurde,

01:19:17: musste er wieder 50 Euro zahlen.

01:19:19: Und das, obwohl er nichts von einer Maskenpflicht wusste.

01:19:22: Was ja sehr oft passiert ist, weil ...

01:19:24: Woher auch? - Woher sollen die das wissen?

01:19:26: Das nächste war der Park, wo ein ...

01:19:30: da ist ein Biergarten drauf, und da ist auch eine Toilette.

01:19:33: Aber der Biergarten war zu, deswegen war die Toilette zu.

01:19:37: Normalerweise konnten die immer aufs Klo gehen.

01:19:39: Der Park war nach kurzer Zeit komplett zugeschissen.

01:19:42: Da war überall Scheiße. - Kein Wunder.

01:19:44: Der war selber schuld.

01:19:46: Und die Stadt? Die will keine Toilette genehmigen.

01:19:49: Obwohl, das war einfach peinlich.

01:19:51: Eigentlich ist es peinlich für die Stadt Köln,

01:19:53: aber ich checke, warum wir in Leipzig ...

01:19:56: Also, wir hatten bei uns ...

01:19:57: Ich checke, warum wir bei uns im Park ...

01:19:59: Da standen während Corona drei, vier Dixie-Klos.

01:20:02: In so einem richtig kleinen Park. - Richtig so.

01:20:05: Aber weißt du, warum? Weil wir links regiert sind.

01:20:07: Ja, voll ist so. Für die Obdachlosen war das.

01:20:10: Ja, ich hab ... Jetzt check ich das erst.

01:20:12: Ich dachte, ja, vielleicht ist da Baustelle.

01:20:15: Aber das haben die wirklich gemacht.

01:20:17: Die haben in der Stadt generell viele solche Toiletten aufgestellt.

01:20:20: Ja, richtig so. Die haben das nicht gemacht.

01:20:23: Das Ding ist, die haben danach gefragt,

01:20:25: wir brauchen hier eine Toilette, das kann nicht sein.

01:20:27: Der Biergarten nimmt meine Toiletten,

01:20:30: aber wir können nicht die ganze Zeit die Putzkräfte zahlen.

01:20:33: Es wäre gut, wenn die Putzkräfte bezahlt werden.

01:20:35: Wenn ihr putzt, könnte man auch sagen,

01:20:37: die Putzmittel zur Verfügung hätte gemacht.

01:20:40: Ja, voll so safe, glaub ich auch.

01:20:42: Das Ding ist, die Stadt will keine Toiletten genehmigen.

01:20:45: Weil die wollen den Obdachlosen nicht zu gemütlich machen.

01:20:48: Obdachlos zu sein, soll nicht gemütlich sein.

01:20:51: Wirklich, das kannst du dir nicht ausziehen.

01:20:53: Aber das ist genau das.

01:20:54: Weißt du, das ist diese Angst davor,

01:20:56: dass wir alle aufhören, mitzumachen.

01:20:58: Ich glaub, das ist ...

01:21:00: Ich muss das kurz erzählen, das macht mich wütend.

01:21:03: Wenn man sich ein Grundstück kauft,

01:21:05: darf man nicht einfach irgendein Haus drauf bauen

01:21:07: oder darauf leben, wie man sich das vorstellt.

01:21:10: Das eigene Grundstück, aber du kannst nicht mal ein Wohnwagen draufstellen.

01:21:13: Ich lebe in diesem Wohnwagen, es wird nicht genehmig.

01:21:16: Das Haus muss mindestens 100 Quadratmeter groß sein, bla, bla, bla.

01:21:20: Damit das dem Stadtbild entspricht.

01:21:22: Damit man genug Abgaben zahlt und keine anderen.

01:21:24: Das hat mich wütend gemacht.

01:21:26: Seitdem ich das gelesen habe,

01:21:28: wurde mir noch heftiger klar, wie krass man eingeschränkt ist

01:21:32: in seinem Leben, weil man nicht entscheiden kann,

01:21:34: ich hätte gerne ein kleines Haus.

01:21:37: Weil es ist ja auch ein Kostenfaktor.

01:21:40: Sowieso ist so. - Ich würde das so krass.

01:21:42: Ja, es ist auch komplett krass.

01:21:44: Es ist einfach komplett wild.

01:21:47: Auf jeden Fall machen die jetzt für diese ...

01:21:50: für diese Toilettengeschichte

01:21:52: eine Mini-Protestaktion.

01:21:55: Natürlich auch im finanziellen Rahmen, die sie haben können.

01:21:59: Die Steinen hat einfach eine Kloschüssel.

01:22:01: Mitten auf dem Platz machen drum rum Klubapier

01:22:04: und dann setzen die Sicherheit immer wieder drauf.

01:22:07: In ihrem Buch beschreibt sich so, dass sie sich da nackt draufsetzen.

01:22:11: Aber natürlich habe ich keine Bilder gefunden, wo die nackt sind.

01:22:15: Könnt euch auch ein Bild angucken.

01:22:17: Bei "Papa ist ganz der Schatz mit Podcast".

01:22:19: Das Ganze bringt nichts.

01:22:21: Letztendlich ... - Das ist doch nicht.

01:22:23: Ich bin mir nicht genug voll. - Nee, voll.

01:22:26: Die durften sich aber nicht versammeln.

01:22:28: Und letztendlich sammeln sie genug Spenden,

01:22:31: um Putzkräfte zu bezahlen.

01:22:33: Die Putzkräfte putzen einfach nicht.

01:22:36: Es ist einfach ein Griff ins Klo.

01:22:38: Im wahrsten Sinne des Wortes.

01:22:40: Aber ich verstehe nicht, warum die nicht einfach sagen,

01:22:43: hier bestellen Putzmittel zur Verfügung

01:22:45: und ihr kümmert euch halt selber drauf.

01:22:48: Dasselbe Vernachlässigungen erleben,

01:22:50: die dann auch als es um Impfungen geht.

01:22:53: Niemand klärt die auf und stellt den Informationen,

01:22:56: auch kritische Informationen zur Verfügung.

01:22:58: Letztendlich, ich habe mich impfen lassen, ich fand es eine gute Sache,

01:23:02: aber ich fand es schon gut, dass ich informiert wurde.

01:23:05: Und vor allem, dass du wusstest, danach kriegst du Fieber.

01:23:08: Das kann ja lebensbedrohlich sein, Fieber zu zurückkommen.

01:23:11: Ja.

01:23:12: Okay, also wir haben uns da jetzt irgendwie so durchgeschlagen.

01:23:16: Aber haben sich obdachlose Personen an Corona ...

01:23:19: Wahrscheinlich weniger angesteckt, weil die die ganzen Zeit draußen sind.

01:23:23: Sie meinen zumindest, man hat niemand Corona gekriegt.

01:23:26: Die haben keinen Corona-Fall gehabt.

01:23:28: Das ist auch so eine Wohlstandskrankheit,

01:23:30: die eigentlich so sagt, Leute geht raus, drin ist Scheiße.

01:23:34: Nein, ja.

01:23:35: Voll.

01:23:36: Ist auch echt, also ...

01:23:38: Vor allem die Paradox, dass man quasi sagt,

01:23:42: Corona-Ansteckung hier drin, bla, bla, bla,

01:23:45: und dann so, ja, ihr dürft nicht mehr ausgehen.

01:23:47: Ja, voll. - Fängt voll seltsam.

01:23:49: Das ist eher gut, es ging darum, keine sozialen Kontakte zu haben.

01:23:53: Aber draußen wäre vollkommen irrelevant gewesen.

01:23:56: War es ja auch irgendwann, wusste man das ja auch.

01:23:58: Am Anfang hatte man ja Angst, weil es sich gerade bei so Karnelwelle

01:24:02: und so was verbreitet hat. - Ja, aber das ist ja mein Zelt.

01:24:06: Ja, voll. Heute ist immer schlauer.

01:24:08: Ähm, zum Abschluss ...

01:24:10: Ich mein, über Corona.

01:24:12: Zum Abschluss habe ich jetzt noch mal zwei kurze Geschichten,

01:24:15: einfach von Personen, die Linda kennengelernt hat,

01:24:19: die sie kurzzeitig begleitet hat,

01:24:21: wo vielleicht auch der Einblick einfach in ihr Arbeitsleben dann ist.

01:24:25: Die erste Frau, das ist Frau Müller oder Martha.

01:24:28: Martha ist alt.

01:24:30: Sie leidet auch an Atrose und an einer Gehbehinderung und Inkontinenz.

01:24:34: Also sie ist wirklich schon sehr alt.

01:24:36: Linda lernt sie kennen, als Martha bereits seit zwei Wochen

01:24:39: bei Minusgraden im Park schläft.

01:24:42: Und morgens sitzt sie immer auf ihrem Mäuerchen

01:24:45: und füttert Kränen mit Brotkrummen.

01:24:47: Mit Brotkrummen.

01:24:49: Linda weiß gar nicht, woher sie die hat.

01:24:51: Irgendwie findet sie die immer.

01:24:53: Und das Ding ist, dass sie eigentlich in einer Notunterkunft war.

01:24:57: Und die wurde da einfach rausgeschmissen.

01:24:59: Die haben einfach eine alte Frau rausgeschmissen,

01:25:01: die Inkontinent ist, die an Atrose leidet

01:25:04: und eine Gehbehinderung hat.

01:25:06: Und die eigentlich ... Also, das ist ein Wunder,

01:25:08: dass sie überhaupt da diese zwei Wochen schon überlebt hat.

01:25:11: Und eines Tages geht sie dann wenige Schritte

01:25:13: und dann hält sie an.

01:25:15: Und Linda schaut sie halt so an.

01:25:18: Und der Kopf ist aber halt so nach unten.

01:25:20: Sie guckt so nach unten und nach einem kurzen Moment hebt sie ihren Kopf.

01:25:23: Und Linda sieht, dass der Kopf ganz rot ist.

01:25:25: Und die Frau sagt dann, ich muss.

01:25:28: Und dann macht sie sich in die Hose.

01:25:30: Also, ganz beschämter Moment, weil sie Inkontinent ist.

01:25:34: Und Linda versteht wirklich nicht,

01:25:36: wie man sie aus der Notunterkunft rausheifen konnte.

01:25:39: Also das versteht sie nicht.

01:25:41: Und dann gehen sie dann auch mal gemeinsam zum Arzt,

01:25:43: weil sie eben einen Arthrose-Schub hat.

01:25:45: Also sie hat ganz, ganz schlimme Schmerzen.

01:25:47: Und die Assistentin im Krankenhaus lehnt dann aber ab,

01:25:51: sie zu behandeln, weil sie keine Krankenkassenkarte hat.

01:25:54: Und betont ...

01:25:57: Es ist halt die ganze Zeit so, nee, es geht nicht,

01:25:59: ich kann dich nicht behandeln und so.

01:26:01: Und Linda ist aber so ...

01:26:03: Warte, was?

01:26:05: Und dann kommt auch der Chef mit eingeschalten.

01:26:07: Und auch er betont eben, dass ihr sie nicht behandeln kann.

01:26:10: Also, wenn wir das machen, bekommen wir hier richtige Probleme.

01:26:13: In den USA werden wenigstens obdachlose Personen noch behandelt.

01:26:17: Ja, voll. Das Ding ist halt, weißt du, er sagt dann so,

01:26:19: ja, wenn wir das machen, bekommen wir hier richtige Probleme.

01:26:21: Und Linda schaut ihn an, ist so, diese Frau hier hat richtige Probleme.

01:26:24: Ja.

01:26:26: Also du brauchst mir hier nichts zu erzählen.

01:26:28: Und er verweist sie dann immer an die Malteser,

01:26:30: die eben auch Menschen behandeln, die keine Krankenversicherung haben.

01:26:33: Aber auch das ist ja komplett räudig so.

01:26:36: Linda hat aber zum Glück auch Kontakte zum WDR.

01:26:40: Und Frau Müller ist jetzt mutig genug,

01:26:43: um öffentlich über ihr Leben zu sprechen.

01:26:45: Also, sie gibt jetzt ein Interview und nur nach kurzer Zeit

01:26:48: meldet sich dann eine Wohnungsverwaltung bei Linda,

01:26:51: die eine Wohnung für Frau Müller hat, die eben auch

01:26:53: sogar behindertengerecht ist.

01:26:55: Und ich erzähle das jetzt deswegen, also sie hat die Geschichte

01:26:58: in ihrem Buch auch erzählt und sie hat die aus dem Grund erzählt,

01:27:01: weil viele Hilfleistungen inzwischen privatisiert werden,

01:27:04: weil eben die Kommunen für die Hilfe verantwortlich sind.

01:27:09: Und deswegen ist es auch so wichtig, dass wir die Schicksale

01:27:12: von obdachlosen Personen öffentlich machen,

01:27:14: damit halt eben die überhaupt quasi wissen,

01:27:17: dass es die gibt, diese Hilfestellen und so.

01:27:20: Die zweite Geschichte, die handelt von Sabine.

01:27:23: Sabine kommt eines Tages weinend zu Linda.

01:27:26: Und sie erzählt, wie ihr das Ordnungsamt gerade

01:27:29: Geld aus ihrem Battle-Bächer genommen hat.

01:27:32: Sie meint nämlich, sie sei, also die Beamten meinten nämlich,

01:27:36: dass sie aufdränglich gewesen ist, was ja verboten ist.

01:27:38: Das steht in der Startordnung von Köln.

01:27:40: Beta dürfen nicht aufdränglich betteln.

01:27:42: Ich werd gleich aufdränglich.

01:27:45: Sie bekommt jetzt eine Strafe von 50 Euro abzüglich,

01:27:48: 2 Euro und 21 Cent aus ihrem Bächer.

01:27:51: Also irgendwie 7 Euro, äh, 47 Euro irgendwas.

01:27:54: Und das ist ganz komisch, weil Sabine ist eigentlich

01:27:57: eine ganz ruhige Frau, die auch ganz lieb und aufrichtig ist

01:28:00: und auch niemals aufdränglich gewesen wäre.

01:28:03: Und sie erzählt jetzt auch, dass kurz davor ein Mann zu ihr gekommen ist.

01:28:07: Und sie will mit ihm quasi gehen.

01:28:09: Also er sagt dann erst mal, ja, du musst dann auch nicht mehr betteln.

01:28:14: Und sie fordert ihn aber halt eben dann auf abzuhauen.

01:28:17: Und sie sieht jetzt aber noch, wie er dann eben zu den Polizisten geht.

01:28:21: Und die kommen dann zu ihr. - Ja, weil die Freunde sind oder so.

01:28:24: Weil die alle ... - Ja, das sagt Linda auch, dass sie nämlich

01:28:27: sich auch untereinander teilweise einfach kennen.

01:28:29: Noch ikkelhafter wird es, wenn man sich anguckt,

01:28:31: wie diese Razzien ablaufen, weil die stimmen da quasi

01:28:35: einen riesigen Polizeivägen in diesen Park ein

01:28:38: und gehen dann in Gruppen zu den Obdachlosen

01:28:40: und teilweise verprügeln die die oder treten einfach auf die.

01:28:43: Ja, natürlich. - So, die Geschichte ist hiermit vorbei.

01:28:48: Und jetzt kommt noch ein kleiner letzter Schluss.

01:28:51: Obdachlose erfrieren nicht, weil es zu kalt ist.

01:28:55: Sie erfrieren, weil wir es zulassen.

01:28:57: Sie verhungern nicht, weil es kein Essen gibt,

01:29:00: sondern weil wir sie nicht an die Orte gelassen werden,

01:29:03: an denen es Essen gibt. - Weil wir reinweise Essen wegschmeißen

01:29:06: und dann auch noch Containern verbieten. Digger.

01:29:09: Sie sterben nicht, weil sie es so wollten,

01:29:11: sondern weil das System so funktioniert.

01:29:13: Und wenn es uns wehtut, das zu hören, dann ist das gut so.

01:29:17: Es sollte wehtun.

01:29:18: Denn Obdachlosigkeit ist keine Naturkatastrophe.

01:29:22: Es ist eine politische Entscheidung

01:29:24: und sie kann genauso rückgängig gemacht werden.

01:29:26: Also fragt euch, wann habt ihr das letzte Mal

01:29:29: einem Obdachlosenmenschen wirklich in die Augen gesehen?

01:29:33: Wann habt ihr das letzte Mal überlegt, nicht nur ein Passent zu geben,

01:29:37: sondern wirklich etwas zu verändern?

01:29:39: Wann habt ihr das letzte Mal für diejenigen gesprochen,

01:29:42: die keine Stimme haben?

01:29:44: Wenn ihr euch daran nicht erinnern könnt,

01:29:46: dann wäre jetzt ein guter Moment, damit anzufangen.

01:29:49: * Musik *

01:29:55: [Musik]

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